Digital die Einsatzlage im Griff haben – eine ehrenamtliche Software

Interschutz

Florian Wendlinger ist Vorstand und zuständig für Support im Verein Einsatzstellenverwaltung. Die Ehrenamtler arbeiten an einer Software für die digitale Koordination und Dokumentation von Einsätzen. Diese stellen sie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben kostenfrei zur Verfügung. Für die Stories of INTERSCHUTZ haben wir mit Florian Wendlinger über das Projekt gesprochen.

Florian Wendlinger, Verein Einsatzstellenverwaltung
Florian Wendlinger, Verein Einsatzstellenverwaltung
Quelle: Interschutz

Sie bieten eine Software für die Einsatzstellenverwaltung kostenlos an. Bevor wir über das Thema Kostenlosigkeit sprechen, erst einmal die Frage: Was kann die Software?

Bislang dokumentieren viele Einsatzleiter und Führungsgruppen das Einsatzgeschehen vor Ort noch umständlich mit Stift und Papier. Oft müssen Dokumentationen auch doppelt erfolgen. Durch die Software wird eine Einsatzverwaltung und -dokumentation in Papierform überflüssig. An der Einsatzstelle soll jegliche Einsatzkoordination wie Fahrzeugverwaltung, Lagemeldungen, Nachforderungen, die Erfassung von Patienten, Betroffenen und Verbrauchsmaterial, aber auch die Überwachung von Atemschutzträgern, das Führen von Lagekarten, Koordinierung von Suchhunden, Führen des Einsatztagebuchs und so weiter voll digital und miteinander verknüpft ablaufen. 

Welche Vorteile bringt das?

Eine enorme Zeitersparnis und mehr Freiheit beim Führen von Einsätzen sind die Folge, was eine signifikante Erhöhung der Führungsqualität bedeutet. Durch die Vernetzung innerhalb der Software müssen Daten auch nur einmal eingegeben werden. Diese werden intern den anderen Modulen automatisch zur Verfügung gestellt. Bei Zeitlagen können auch im Vorhinein bekannte Daten bereits vor Einsatzbeginn hinterlegt werden. 

Normalerweise verdienen Firmen mit so etwas Geld. Warum bieten Sie die Software unentgeltlich an?

Dies ist aus dem ursprünglichen Gedanken erwachsen, der unserer Software zu Grunde liegt. Kommerzielle Software ist teuer und oft mit hohen laufenden Kosten wie Lizenz- oder Updategebühren verbunden. Viele Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben können sich das nicht leisten, da sie meist durch öffentliche Stellen wie die Kommunen finanziert werden, die selbst oft mit einem schwierigen Haushalt zu kämpfen haben. Zusatzausgaben für eine Software sind da in der Regel nicht möglich. Um diesen Organisationen dennoch einen Weg in die digitale Einsatzführung zu ermöglichen, haben wir uns entschieden, die Software unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Wie ist das Projekt entstanden? Was stand am Anfang der Geschichte?

Unser Vorstand Felix Lippold war bei der Freiwilligen Feuerwehr Hameln aktiv und hat zusammen mit einem Kameraden – der das Projekt mittlerweile verlassen hat – begonnen, für die FF Hameln einfache Module zu programmieren. Mit der Zeit nahm die Software immer größere Ausmaße an und wuchs stetig. Sie wurde Nachbarorganisationen zur Verfügung gestellt, und weitere engagierte Personen haben ihre Hilfe angeboten. So sind wir zu einem Verein gewachsen, der mittlerweile über 1000 Anwender in mehreren Ländern hat. Rund 100 davon sind derzeit zahlende Vereinsmitglieder. Zu erwähnen ist dabei, dass der Mitgliedsbeitrag in der Regel nicht von den Organisationen selbst, sondern von engagierten Ehrenamtlichen in diesen Organisationen privat getragen wird. 

Einsatzstelle
Einsatzstelle
Quelle: Interschutz

Für wen genau ist die Software gedacht?

Unsere Zielgruppe sind sämtliche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, also Feuerwehren, THW, Rettungsdienste, Wasserrettung, Bergwachten und so weiter. Wen wir derzeit bewusst nicht ansprechen sind Firmen, die ausschließlich im gewerblichen Bereich tätig sind. Wir möchten mit der Software den gemeinnützigen Bereich stärken und unterstützen.

Gibt es aus Ihrer Kenntnis andere Softwareangebote, die diesen Funktionsumfang kostenfrei anbieten?

Es gibt verschiedene kostenlose Softwareangebote. Diese bilden aber immer nur einen speziellen Teilbereich der Einsatzführung ab, zum Beispiel die Lagekartenführung. Unsere Software vereint nahezu alle Teilbereiche einer Einsatzstelle in einer Software und vernetzt diese untereinander, so dass man von der Kräftedisposition bis zum Ausdruck des Einsatztagebuchs alles in einer Hand hat.

Erzählen Sie einmal von den Menschen hinter dem Projekt: Sind Sie alle in Hilfsorganisationen tätig? Oder alle ITler? Oder gar beides?

Sämtliche Teammitglieder, die im Vorstand, in der Entwicklung, im Support und in allen weiteren Teilbereichen arbeiten, sind selbst in einer oder mehreren Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben tätig. Teils ehrenamtlich, teils hauptamtlich, teils beides. Nur die wenigstens sind wirkliche ITller. Bei einem so komplexen Projekt werden aber neben der reinen IT-Kompetenz noch viele weitere Talente gebraucht. Das beginnt beim Schreiben des Handbuchs und endet beim Erarbeiten von diversen Designelementen.

Wie sind Ihre Zukunftspläne und welche Rolle spielt dabei die INTERSCHUTZ 2020?

Um unsere Software an die stetigen Neuerungen im IT-Bereich anzupassen, arbeiten wir derzeit an Version 2.0. Diese wird einen Quantensprung in Design und Funktionalität darstellen. Unser Ziel ist es, die Version 2.0 erstmals auf der INTERSCHUTZ 2020 der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zudem hoffen wir natürlich, mit vielen unserer Anwender ins Gespräch zu kommen – diese sind ja über mehrere deutschsprachige Länder verteilt – und auch viele neue potenzielle Anwender für unsere Software begeistern zu können.

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