Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (kurz: BBK) veranstaltete eine Erprobung zum sanitätsdienstlichen Management spezifischer Verletzungen in der Zivilen Verteidigung
Extremer Einsatz in zerstörter Infrastruktur
Samstagmorgen auf dem Truppenübungsplatz Schavener Heide. Es ist kühl und der Morgennebel hat sich kaum verzogen, als Schwaden von Rauch und Explosionsgeräusche zu hören sind. Darauf folgen die Hilferufe eines Verletzten. Das BBK übt in diesem Setting mit Darstellerinnen und Darstellen für das Management bestimmter Verletzungen in zerstörter Infrastruktur und schwer zugänglichem Gelände. Extrembedingungen für die präklinische medizinische Versorgung, aber auch für Personal und Material. Um genau diese Herausforderungen zu untersuchen und Taktik sowie Technik realitätsnah zu üben bzw. zu untersuchen hat das BBK eine erste Erprobung zu Verletzungsmustern in der Zivilen Verteidigung durchgeführt.
Hintergrund
Der Sanitätsdienst in der Zivilen Verteidigung ist eine zentrale Leistung des Gesundheitlichen Bevölkerungsschutzes sowie in der Unterstützung der Streitkräfte. Hierbei ist mit besonderen Verletzungsmustern zu rechnen, die sonst weder aus der alltäglichen Notfall- und Akutmedizin noch aus der zivilen Katastrophenmedizin bekannt sind. Dies gilt im Schwerpunkt für Explosions- und Schussverletzungen.
Der Krieg in der Ukraine zeigt jedoch, wie häufig diese Verletzungsmuster sind und teilweise wie dramatisch. Sie sind darüber hinaus ressourcenintensiv in der Versorgung und benötigen spezifische Behandlung. Gefechtshandlungen sorgen aufgrund des Wirkmitteleinsatzes dafür, dass Zerstörungen an Personen und Sachgütern auftreten. Es kann auch hier rasch zu einem Massenfall Verletzter (kurz: MANV) kommen.
Der MANV in der Zivilen Verteidigung zeichnet sich dadurch aus, dass zu einem regulären MANV weitere Besonderheiten kriegerischer Auseinandersetzungen hinzukommen. Hierzu zählen im Wesentlichen:
- besondere thermische und traumatische Verletzungsmuster,
- eine hohe räumliche und zeitliche Dynamik sowie
- eine möglichweise lange Dauer der Lage sowie
- zusätzliche Ausfälle wichtiger kritischer Infrastrukturen (beispielsweise Krankenhäuser, Energieversorgung, Kommunikationseinrichtungen, Straßenverkehrswege).
Das Gefechtsfeld und der benachbarte Raum sind dabei von besonderen Herausforderungen, aber auch möglicherweise von Bedrohungen für Helfende und Patientinnen und Patienten gekennzeichnet. In der militärischen Sprache wird eine durch Einwirkung des Gegners hervorgerufene Verletzung als Verwundung bezeichnet. Diese Verwundungen sind im Vergleich zum üblichen Spektrum des zivilen Rettungsdienstes häufig schwer, akut lebensbedrohlich und eher von Schuss-, Explosionsverletzungen sowie Verbrennungen geprägt. Aufgrund der Besonderheiten in der Schutz- und Versorgungsstufe IV ist eine medizinische Evakuierung bei zerstörter Infrastruktur erschwert. So sind beispielsweise Transportzeiten, Entfernungen und Transport- bzw. Verkehrsinfrastrukturbedingungen länger, weiter, komplexer als regulär. Dadurch gewinnt die präklinische Versorgungs- und Stabilisierungsphase an Bedeutung.
Von der Idee in die Praxis und zurück
Idee dieses Erprobung war es, diese spezifischen Verletzungen mittels realistischer Notfalldarstellung nachzubilden und ihre Versorgung in der Schutz- und Versorgungsstufe IV mit zerstörter Infrastruktur zu erproben. Diese Erprobungserkenntnisse sind hilfreich für die Optimierung der Versorgungsplanung im Sanitätsdienst, sowie die Bildmaterialien für Ausbildung und Fortbildung. Diese Erkenntnisse sind insbesondere für die Medizinische Task Force (kurz: MTF) von Interesse, da durch die Kräfte und mobilen Einrichtungen der MTF solche Verletzungsmuster zu versorgen sind. So wurden auf dem Truppenübungsplatz auch Fahrzeuge und Technik der Medizinischen Task Force eingesetzt und intensiv erprobt.
Wie geht es weiter
Das für die MTF-zuständige Fachreferat Sanitätsdienst im BBK wertet diese erste Erprobung bzw. die Erkenntnisse nun dezidiert aus, um die gewonnenen Ergebnisse für die MTF nutzbarer zu machen und wird dies in weitere in Erprobungs- und Übungsvorhaben einfließen lassen.
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
0228 99 550-0 und 0228 5554-0