Krisenmanagement der Stadt Köln

Kernpunkte und Prinzipien

Benjamin Severin, Dr. Jörg Schmidt

BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Einfach, stressfrei, effizient

Das Krisenmanagement einer Millionenstadt wie Köln ist in heutiger Zeit keine leichte Aufgabe. Ereignisse, wie der Großbrand bei der Firma Ineos am 17. März 2008, der Einsturz des Kölner Stadtarchives am 3. März 2009 oder groß angelegte Übungen wie „Rheinstrom“ und „LÜKEX“, sind solche Situationen gewesen, in denen das Krisenmanagement der Stadt Köln auf eine harte Probe gestellt worden ist. Aus den Erfahrungen der bisherigen Ereignisse sowie Übungen konnten immer wieder neue Erkenntnisse gewonnen werden, wie das Krisenmanagement optimiert und für alle Beteiligten vereinfacht werden kann. 

Diese Erkenntnissammlung verdankt die Stadt Köln ihrer Stabsstelle „Städtisches Krisenmanagement & Bevölkerungsschutz“ bei der Berufsfeuerwehr Köln. Ihre Aufgabe ist es, optimale Rahmenbedingungen zur Führungsfähigkeit zu schaffen und die geleistete Führungsarbeit auszuwerten.

Zu den bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Führungskräfte im Krisenstab der Verwaltung sowie in der Einsatzleitung des Katastrophenschutzes gehören die Koordinierung einer stadtweiten und ämterübergreifenden Einsatzplanung für verschiedene Szenarien, aber auch die Optimierung der Führungsarbeit in den Stäben durch Erkenntnisnutzung aus Soziologie und Psychologie, dem Kommunikationswesen sowie den Erfahrungen früherer Krisenstabseinsätze.

Im folgenden Text werden die Arbeitsweisen des Krisenstabes der Kölner Stadtverwaltung sowie der Einsatzleitung der Kölner Berufsfeuerwehr näher beschrieben und die Hintergründe hierzu erläutert. Denn Stabsarbeit kann auch einfach, stressfrei und effizient sein!



Ultak – Taktisch Planen für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben

Ultradex produziert seit über 85 Jahren an der Schweizer Grenze Führungsmittel für den mobilen und stationären Einsatz. 95% der Produkte werden in Deutschland gefertigt. Seit neustem wurde das Sortiment erweitert und eine neue Vertriebssparte mit Ultak ins Leben gerufen. Ultak Produkte vereinfachen die täglichen Einsätze des THW, der Polizei, Sanitätsdienste und Feuerwehren. Der Name steht für: Ultradex und taktische Zeichen. Über die Webseite (www.ultradex.com) können Kunden ihre eigenen individuellen taktische Zeichen konfigurieren. Diese sind nach der FwDV 100 genormt und können trotzdem nach dem individuellen Bedarf zusammengestellt werden.

In Krisensituationen müssen alle wichtigen Informationen gezielt aufbereitet und auf das Wesentliche reduziert werden. Dies bedarf einer graphischen Lagedarstellung. Dazu bietet Ultak individuell gestaltete taktische Zeichen und gut aufeinander abgestimmte Tafelsysteme für den mobilen und stationären Einsatz.

Damit Lagetafeln auch direkt vor Ort aufgebaut werden können, bietet der Hersteller einen darauf abgestimmten Stativadapter. So kann eine Lagetafel freistehend aufgestellt werden, und alle Informationen sind vor Ort abrufbar. Dazu kommt ein Saughalter, um die Lagetafeln an glatten Oberflächen befestigen zu können wie zum Beispiel am Fenster eines Feuerwehrfahrzeuges. Der Sauger wird ganz einfach an die Scheibe gepresst, und durch das Umlegen eines Kipphebels entsteht ein Vakuum. 

Ultak beliefert bereits viele unterschiedliche Einsatzleitungen in ganz Deutschland. Viel Schreibfläche auf kleinstem Raum ist hier oftmals von großer Bedeutung. Das Unternehmen ist auch als Lieferant von Schiebe-, Schwebetafelanlagen und Whiteboardtafeln in Übergröße bekannt. Alle Tafeln können mit individuellem Aufdruck und eigener Kartographie produziert werden. Montage erfolgt auf Wunsch durch den werkseigenen Kundendienst.


 

Komponenten des Krisenmanagement

Der Krisenstaberlass des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 4. Oktober 2013  setzt die Komponenten der Gefahrenabwehr aus der FwDV 100 um und regelt ihre Verantwortung. Die Stadt Köln hat diese Vorgaben mitgestaltet und ihr Krisenmanagement auf den Erlass abgestimmt.

Politisch Gesamtverantwortlicher: Oberbürgermeister

Die politische Gesamtverantwortung bei einem Großschaden­ereignis liegt bei dem Hauptverwaltungsbeamten des Kreises oder der kreisfreien Stadt, in Köln beim Oberbürgermeister der Stadt Köln. Er steht über den beiden Instanzen des Krisenmanagements, dem Krisenstab der Stadtverwaltung und der Einsatzleitung der Feuerwehr. Im seltenen Streitfall zwischen den beiden Instanzen würde er die endgültige Entscheidung treffen.

Hauptsächlich ist der Kölner Oberbürgermeister für die Bürgerinnen und Bürger der Repräsentant für die politische Verantwortung in einem Krisenfall. Aus diesem Grund besucht er oftmals den oder die Schadensorte und schafft hierdurch die Grundlage für eine Kommunikation mit Betroffenen, mit Helfern und Einsatzkräften sowie Bürgerinnen und Bürgern.

Aufgabe der Stabsfunktion ist die Informationsfilterung der Lagedarstellung,...
Die Informationsfilterung zur Lagedarstellung liegt in der Aufgabe der Stabsfunktion „52“; links im Bild ist ein Formular für die strukturierte Durchführung und Dokumentation von Lagebesprechungen zu sehen.
Quelle: BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Administrativ-organisatorische Komponente: Krisenstab

Die administrativ-organisatorische Komponente (dt. verwaltungs-organisatorischer Bestandteil) im Krisenmanagement ist der Krisenstab der Kölner Stadtverwaltung. Er setzt sich aus den Dezernentinnen und Dezernenten der Stadtverwaltung zusammen. Hinzu kommen die Ämter, denen eine besondere Rolle im Falle einer Großschadenslage zuteilwird (Ordnung, Gesundheit, Straßen, Medien, …). Weitere Mitglieder im Krisenstab sind Verbindungsbeamte, z. B. zur Polizei, sowie der Leiter des Stadtwerke-Konzerns, aber auch Führungskräfte privater Infrastruktur-Unternehmen.

Die Geschäftsführung des Krisenstabes bildet eine Koordinierungsgruppe (KGS) aus Führungs- und Assistenzkräften aus Feuerwehr und Verwaltung – ihr Leiter ist ebenfalls Mitglied des Krisenstabes.

Gut eingerichtete Arbeitsplätze erleichtern auch das Arbeiten in der...
Gut eingerichtete Arbeitsplätze erleichtern auch das Arbeiten in der
Einsatzleitung.
Quelle: BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Die Krisenstabsmitglieder haben folgende Aufgaben:

  • die zeitkritische und zentrale Verwaltungssteuerung zur kommunalen Gefahrenabwehr – insbesondere die Sicherung der kritischen Infrastruktur,
  • die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Verwaltung,
  • die Sicherstellung der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürgern sowie
  • die Aufgabenbewältigung nach gesetzlicher Zuständigkeit 

Bei Bedarf werden diese Aufgaben in Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Unternehmen erfüllt. Die Koordinierungsgruppe unterstützt den Krisenstab mit einer prioritäten-orientierten Besprechungsorganisation und einer gerichtsfesten Dokumentation.

Operativ-taktische Komponente: Einsatzleitung

Die operativ-taktische Komponente (dt.: Bestandteil für den abwägenden Einsatz von Einsatzformationen = Einheiten) wird durch die Einsatzleitung der Berufsfeuerwehr Köln gebildet. Ihr obliegen alle direkt wirkenden Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren und zur Begrenzung der Schäden durch Führung und Koordinierung von Einsatzkräften; sie setzt Einheiten der Feuerwehr, des Rettungsdienstes, der Hilfsorganisationen, des THW und gegebenenfalls der Bundeswehr ein und legt Ziele und Ressourcen ihrer fachlichen und räumlichen Einsatzabschnitte fest.

 

FdDV 100 gemäße Aufgabenverteilung
Aufgabenteilung im Sinne der FwDV 100: Die sechs Sachgebiete werden
von Sachbearbeitern an zwei Arbeitsinseln sowie durch Fachberater von
z. B. THW, Hilfsorganisationen und Polizei unterstützt
Quelle: BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Psychologie der Entscheidung

Die Grundaufgabe aller Führungsarbeit in Krisenstab und Einsatzleitung ist und bleibt das Fällen von (Einzelfall-) Entscheidungen. Die Psychologie unterscheidet hier erfahrungsbasierte von analytisch herbeigeführten Entscheidungen.[1]

Erfahrungsbasierte Entscheidungen werden schneller getroffen und bauen auf der Wiedererkennung einer Situation in der Erfahrung einer Führungskraft auf („Wiedererkennen geprägtes Entscheiden“[2]).

Die Brillanz einer Führungskraft bemisst sich daran, dass sie erkennt, wenn sie mit ihren erfahrungsbasierten Entscheidungen nicht mehr weiter kommt. In einem solchen Moment muss die Führungskraft auf die analytisch herbeigeführten Entscheidungen zurückgreifen. Sie sind Ergebnis eines logischen Problemanalysierens mit nachfolgender Kategorisierung, einem Prioritätensetzens unter den Gefahrenanteilen und einem Abwägen der Interventionsmöglichkeiten. Das bekannte Beispiel ist der Führungsvorgang der FwDV 100. Führungskräfte in der Gefahrenabwehr, aber auch in Wirtschaft und Politik, lernen dieses sogenannte analytische Entscheiden.

Gefährlich am analytischen Entscheiden ist die mögliche Überforderung einer Führungskraft, wenn ihr die passenden Werkzeuge fehlen, um die vorliegende Lage richtig zu analysieren, kategorisieren, priorisieren und Reaktionen abzuwägen. 

Die Überforderung einer Führungskraft führt in den meisten Fällen zu einer vermehrten Anzahl von Fehlentscheidungen oder Nicht-Entscheidungen. Überforderungen und Fehlentscheidungen müssen beim Abarbeiten einer Großschadenslage verhindert werden.

Anerkannte Mittel sind

  • eine stressfreie Arbeitsumgebung
  • Arbeitsteilung
  • Nutzen von Fremd-Erfahrungen durch Einsatzplanung
HLF Symbolbilder in Kombination mit taktischen Zeichen.

Die vier Säulen einer stressfreien ­Arbeitsumgebung

Die Stabsstelle „Städtisches Krisenmanagement & Bevölkerungsschutz“ versucht, eine stressfreie Arbeitsumgebung zu schaffen durch

Alltagsnahe Arbeitsweisen und ­Arbeitsplätze

„Never change a running system“ heißt es nicht nur im Englischen. Auch in Krisensituationen behält dieser Spruch seine Bedeutung. An einem vertrauten Arbeitsplatz, in einem bekannten Arbeitsumfeld und verinnerlichten Arbeitsprozessen kann effizienter gearbeitet werden als unter unbekannten Bedingungen. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Bereits in den achtziger Jahren wurden die ersten Berichte über diesen Zusammenhang veröffentlich. Natürlich kann nicht jede Führungskraft ihr Büro samt Inventar mit in eine Einsatzleitung oder einen Krisenstab mitbringen. Aber kommen die Stabsmitglieder in einer ihr nicht bekannten Umgebung zusammen, so ist zumindest sicherzustellen, dass sich die Räumlichkeiten sowie die Arbeitsabläufe ihren bisherigen bekannten, erprobten und sicherheitgebenden Arbeitsplätzen stark ähneln. 

In der Einsatzleitung der Feuerwehr Köln besetzen deshalb die Mitarbeiter der Branddirektion die jeweiligen Sachgebiete, die ihrem täglichen Aufgabenspektrum am nächsten kommen. Somit kennen sie sich in dem Bereich des Sachgebietes gut aus, haben eine gewisse Erfahrung in ihren Aufgaben und können diese so effizient und erfolgreich lösen. Der Stress, sich mit einem ungewohntem Aufgabenbereich auseinander setzten zu müssen, wird dadurch erfolgreich reduziert.

Um weiter zusätzlichen Stress zu reduzieren, dürfen in der Kölner Einsatzleitung Informationen, Aufgaben und Einsatzaufträge schriftlich, via Mail oder mündlich übermittelt werden. Die Bedingung für diese alternativen Kommunikationsmöglichkeiten ist die strikte Dokumentation aller Entscheidungen im Einsatztagebuch oder in einer anderen Dokumentationsform.

Der Grund für die alternativen Kommunikationsmöglichkeiten liegt in der Effizienz und Schnelligkeit gegenüber dem sonst üblichen stark standardisierten, aber wenig vertrauten Arbeiten mit dem 4-Fach-Meldevordruck. Denn der große Vorteil des 4-Fach-Vordrucks, die Dokumentation und Sicherstellung der Informationsübermittlung, ist gleichzeitig auch sein größter Nachteil. 

Die Übermittlung einer Nachricht dauert durch das strenge Formularsystem und die folgenden Beförderungen sehr lange. Erheblich kommt hinzu, dass der Meldevordruck kein Bestandteil des täglichen Arbeitsverfahrens der Führungskräfte in der Einsatzleitung ist. Andere Hilfsmittel in Form von Checklisten und Aktenkoffern mit Informationsordnern und notwendigen Arbeitsmaterialien erleichtern zusätzlich die Arbeit in der Einsatzleitung.

Analog ist der städtische Krisenstabsraum für die Dezernenten und Amtsleiter wie ein konventioneller Sitzungsraum in U-Form aufgebaut. Er dient mehrheitlich reinen Entscheidungsbesprechungen begrenzter Dauer. Im Anschluss an die Besprechung setzen die Verwaltungsführungskräfte die vorher beschlossenen Maßnahmen in ihren eigenen und somit bestens bekannten Büros um.

Arbeitsbegrenzung auf das Wesentliche

Alle Führungskräfte benötigen zum Fällen ihrer Entscheidungen eine Vielzahl von Informationen. Eine Flut von unwichtigen Informationen kann aber auch gerade in einer Stresssituation schnell zu einer Reiz­überflutung führen. 

Um dies im Krisenstab zu verhindern, ist der Leiter der Koordinierungsgruppe (Leiter KGS) nicht nur der Geschäftsführer, sondern auch für eine gezielte Informationssteuerung im Krisenstab verantwortlich. Das Steuern des gezielten Informationsflusses bedarf eines gewissen Fingerspitzengefühls und eines breiten Repertoires an Erfahrung. Alle zur Verfügung stehenden Informationen müssen auf die wesentlichen und für die relevanten Entscheidungen notwendigen Informationen gefiltert und bei Bedarf auch graphisch aufbereitet und anschließend sinnvoll dargestellt werden. 

Das Ergebnis ist eine prioritäten- und prozessorientierte Tagesordnung auf Grundlage eines selbstentwickelten Besprechungsleitfadens. Analog zur operativen (Feuerwehr-) Führung beginnt die Tagesordnung mit einem „Technischen Lagevortrag“, sichert dann die eigene Arbeitsfähigkeit  durch die „Eigene Lage der Verwaltung“, bevor die Schadenslage in  der Priorisierung „Menschen, Tiere, Sachwerte, Umwelt, kritische Infrastruktur, Umgang mit Hilfsangeboten, Aufrechterhaltung des Bürgerservice‘, Betreuung von Anwohnern sowie der Bevölkerungsinformation und Medienarbeit“ strukturiert wird. Hierdurch erhalten die Besprechungen einen roten Faden und eine Begrenzung auf die wesentlichen Aspekte in einer solchen Ausnahmesituation.

In der Einsatzleitung ist die Informationsfilterung Aufgabe der Stabsfunktion S 2. Ergebnis ist die Darstellung der Lage auf der „taktischen Wand“, die dem taktischen Arbeitsblatt NRW entspricht und auch eine Ablauf-Projektierung enthält[4]. Die taktische Wand besteht aus mehreren einfach handhabbaren magnetischen Weiß-Wand-Tafeln, zukünftig auch Monitoren. Zur Stressreduzierung und Vereinfachung verwendet die Feuerwehr Köln vorrangig kurze Text-Informationen in Tabellenform für die Lagedarstellung. 

Die in der FwDV 100 genormten taktischen Zeichen sind der Mehrheit der deutschen Feuerwehr-Führungskräfte nicht 100%-ig geläufig, daher setzt Feuerwehr Köln kombinierte Symbolzeichen ein. Diese beinhalten das genormte taktische Zeichen nach DV 100, ein Symbolbild, die Kölner Bezeichnung und den Funkrufnamen.

kommunikationsergonomische PC-Arbeitsplätze für die optimale verbale und...
„Wohlfühlatmosphäre“ in der Einsatzleitung: Die PC-Arbeitsplätze sind kommunikationsergonomisch für eine optimale verbale und nonverbale Verständigung angeordnet.
Quelle: BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Sanftes Lenken der Gruppendynamik

Die Soziologie definiert eine Gruppe als ein Zusammenschluss mehrerer Personen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und direkt miteinander kommunizieren [5]. Jede Gruppe durchläuft Phasen, wenn auch in unterschiedlich ausgeprägter Art und Weise: Orientierungsphase (Kennenlernen) – Konfrontationsphase (Rangordnung) – Strukturierungsphase (Rollenübernahme) – Kooperationsphase (Arbeitsphase = produktivste Phase) – Neuorientierung (nach Zielerreichen). 

Die wertvollste Phase in der Gruppendynamik für die Arbeit im Krisenstab oder der Einsatzleitung ist damit die vierte; bei einem Großschadensereignis ist kaum Zeit für eine lange Orientierungs- oder Konfrontationsphase vorhanden. Es müssen schnell Entscheidungen getroffen und dringend notwendige Maßnahmen eingeleitet werden.

Aus diesem Grund sind die Stabsfunktionen in der Einsatzleitung fest mit Abteilungen der Feuerwehr verbunden, die auch weitestgehend die gleiche Alltagsaufgabe haben. Auch Ausbildung und Übung der Führungskräfte helfen, die ersten drei Phasen der Gruppendynamik zu verkürzen und nach Möglichkeit direkt in der Arbeitsphase anzufangen.

Im Krisenstab der Stadtverwaltung helfen das Ressort-Prinzip und die Besetzung mit den Spitzenführungskräften der Verwaltung durch gewohnte Strukturierung, persönliches Kennen und bekannte Hierarchie, die ersten Gruppenphasen schnell zu durchlaufen – und im Nachhinein erübrigt sich eine Konfrontation bei unliebsamen Entscheidungen.

Wohlfühlatmosphäre

Die Grundlage zum Wohlfühlen liegt in der Befriedigung von menschlichen Bedürfnissen. Die Soziologie spricht dabei von den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen: satt, warm, trocken[3]. Sie zu befriedigen bildet das Fundament für die Entscheidungen von Führungskräften - angefangen bei der „taktischen Keksreserve“ und einer ausreichenden Auswahl von Getränken über vollwertige Mahlzeiten bis hin zu Räumen mit einer angenehmen Raumtemperatur zu allen Jahreszeiten. Das Beachten und Befriedigen dieser Bedürfnisse hat sich als unverzichtbar etabliert. Die PC-Arbeitsplätze in der Einsatzleitung sind für eine bessere verbale und nonverbale Verständigung kommunikationsergonomisch angeordnet. Die Stabsmitglieder können sich so jederzeit gegenseitig in die Augen schauen. Dies fördert zusätzlich das Wohlbefinden bei den Stabsmitgliedern.

LÜKEX Übung zur Verbesserung des Krisenmanagements
Großübung wie die „LÜKEX“ dienen der Verbesserung des Krisenmanagements.
Quelle: BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016

Arbeitsteilung

Ein gängiges Mittel, das sich schon zu den Zeiten der Preußen bewährt hat, ist die feste Aufgabenverteilung in einem Stab. In der Einsatzleitung wird die Aufgabenteilung nach den klassischen Vorgaben der FwDV 100 in die sechs Sachgebiete erfolgreich umgesetzt. Die Sachgebiete werden durch benachbarte Sachbearbeiter an zwei Arbeitsinseln unterstützt sowie durch Fachberater der eigenen freiwilligen Feuerwehreinsatzkräfte, den Hilfsorganisationen, dem THW, der Polizei und im Bedarfsfalle auch der Bundeswehr.

Der Führungsstab mit seinem Querschnittsaufgaben-Prinzip – nach Vorbild der Bundeswehr – erlaubt eine sehr schnelle und zentrale Steuerung der Basisaufgaben einer Organisation in der Gefahrenabwehr und lässt damit Raum für besondere Führungsentscheidungen zu Zielen und Taktik, aber auch für Resilienz durch selbständige Vor-Ort-Entscheidungen innerhalb des Zielrahmens.

Die Herausforderungen im Krisenstab hingegen werden nach dem Ressort-Prinzip der öffentlichen Verwaltung bewältigt. Jedes Dezernat bzw. jeder Fachbereich arbeitet die Aufgaben und Maßnahmen im Falle eines Großschadenereignisses nach originärer Zuständigkeit ab. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Erstens ist jeder Profi in seinem Bereich, zweitens ist das Ressort-Prinzip wieder alltagsnah und reduziert Stress. Im Krisenstab kann bei zusätzlichem Bedarf an Personal für die eigenen Aufgaben Unterstützung bei anderen Dezernaten oder Fachbereichen erfragt werden.

Fremd-Erfahrungen durch Einsatzplanung

Die Einsatzplanung stellt Entscheidungshilfen für Führungskräfte zur Verfügung, im besten Fall „Fremd-Erfahrungen“ für das erfahrungsbasierte Entscheiden. Doch Einsatzplanung für die Stabsarbeit hat ihre Grenzen: Wäre sie so dezidiert, dass sie jede Entwicklung voraussieht und die passende Reaktion vorgibt, dann machte sie die Führungskraft überflüssig – denn reine Kontrolle des Ablaufs bei Regelfallentscheidungen können auch einfacher qualifizierte Kräfte übernehmen. Führungskräfte hingegen treffen Einzelfallentscheidungen[6][7],[8]. Diese Einsicht hilft, den Anspruch an Einsatzplanung vernünftig zu definieren und zu begrenzen und die Schwelle zu definieren, an denen Führungskräfte mit Führungseinheiten wie Krisenstab und Einsatzleitung gebraucht werden.

Die Stadt Köln hat sich 2004 entschlossen, für Großschadensereignisse stadtweit und ämterübergreifend/organisationsübergreifend zu planen. Sie hat Projektgruppen anhand von Szenarien und anhand von Querschnittsaufgaben eingerichtet:

Szenarien:

  • Hochwasser
  • Stromausfall
  • Massenanfall von Verletzten
  • Gefahrstoff-Einsätze
  • Seuchen
  • Tierseuchen
  • Polizei-Lagen Amok, Anschlag, Geiselnahme
  • Cyber-Crime und Cyber-War
  • Querschnittsaufgaben:
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Kommunikationsnetze
  • Evakuierung
  • Trinkwasser

Fazit und Zusammenfassung

Das Krisenmanagement der Stadt Köln wurde in der Vergangenheit schon mehrfach gefordert: Der Einsturz des historischen Stadtarchivs 2009, die Geiselnahme in einer Kindertagestätte 2013, Bombenräumungen mit Europas größtem Pflegeheim, die Übungen zu Hochwassern, Stromausfall („Rheinstrom“) und Flughafen-Anschlägen (LÜKEX 2010) haben ihre Spuren bei der Optimierung der Arbeitsabläufe und Arbeitsplätzen von Führungskräften im Krisenmanagement hinterlassen. Hinzu kamen Erfahrungen aus militärischen und polizeilichen Stäben sowie dem Bereich der Psychologie und Soziologie.

Ziel des Krisenmanagements ist eine stressarme Führungsarbeit durch alltagsnahe Arbeitsplätze und Arbeitsweisen, eine Wohlfühlatmosphäre, organisierte Arbeitsteilung, Begrenzung auf das Wesentliche und sanftes Lenken der Gruppendynamik.

Ergänzt wird diese Arbeitsorganisation durch Entscheidungs- und Erfahrungshilfen (!) einer stadtweiten und ämterübergreifenden Einsatzplanung. Alle Maßnahmen haben das Ziel, die Arbeit so stressfrei, einfach und effizient wie möglich zu gestalten!


[1] HM Government (UK), Fire and Rescue Manual - Vol. 2 „Fire Service Operation“ - Incident Command, London: The Stationery Office, 2008. 

[2] G. A. Klein, „A recognition-primed decision (RPD) model of rapid decision making,“ Ablex Publishing Corp., U.S. Army Research Institute for the Behavioral and Social Sciences, 1993.

[3] A. H. Maslow, „A Theory of Human Motivation,“ Psychological Review, Bd. 50 (4), p. 370–396, 1943. 

[4] Institut der Feuerwehr NRW, „Taktisches Arbeitsblatt NRW,“ 2008. [Online]. Available: www.idf.nrw.de/service/downloads/pdf/taktisches_arbeitsblatt.pdf. [Zugriff am 13. 01. 2015].

[5] O. König und K. Schattenhofer, Einführung in die Gruppendynamik, Heidelberg: Carl-Auer-Verlag, 2006 - 2012. 

[6] G. Kirchhoff, „Führung - Führungsgrundsätz,“ in Handbuch zur Ökonomie der Verteidigungspolitik, Regensburg, Walhalla und Praetoria Verlag, 1986, p. 292 ff..

[7] K. Birker, Führungsstile und Entscheidungsmethoden, Berlin: Cornelsen Girardet Verlag, 1997. 

[8] F. Malik, Führen - Leisten - Leben, Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 2006. Nachdruck aus BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr_Zeitung 10/2016 mit freundlicher Genehmigung, www.kohlhammer-feuerwehr.de

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