Stäbe ressourcenschonend und nachhaltig trainieren

Weiterbildungen von Stäben an typischen Aufgaben ausrichten und in Einzelworkshops trainieren

Dominic Gißler

Dawid Skalec

Zeit ist das wohl knappste Gut der Stabsarbeit – nicht nur im Einsatz, sondern auch bei der Aus- und Weiterbildung von Stäben im ehrenamtlichen und beruf­lichen Bereich. Der Beitrag stellt eine Möglichkeit zur Erhöhung des Lerneffekts mit gleichzeitiger Zeitersparnis bei der Weiterbildung von Stäben vor. 

Trainings und Übungen von Stäben finden, gemessen in absoluter Dauer im Verhältnis zur Weiterbildung anderer Gefahrenabwehreinheiten, erfahrungsgemäß eher selten statt. Grund dafür ist im ehrenamtlichen Bereich des Bevölkerungsschutzes meist das knappe Zeitbudget der oft mehrfach in Funktionen eingebundenen Stabsmitglieder. Bei Stäben aus Verwaltung, Wirtschaft und hauptberuflichen Organisationen der Gefahrenabwehr wird die Besetzung meist durch Mitarbeiter gestellt, die diese Tätigkeit nur zu einem kleinen Teil ihrer Arbeitszeit wahrnehmen. Eine hohe Übungs- und Einsatzfrequenz zur Erlangung von Routinen ist für die notwendige Kompetenz jedoch nicht allein ausschlaggebend.

Um Stäbe bei geringem Zeitbudget leistungsfähig zu halten, ist es deswegen wichtig, bei Weiterbildungen einen möglichst hohen Lerneffekt zu erzielen. So hängt vom didaktischen Konzept ab, wie intensiv das Lernen der Stabsmitglieder ist und wie nachhaltig die erzeugten Kompetenzen sind. Vom Ausbildungsinhalt hängt ab, ob die Stabsmitglieder durch ihre Weiterbildung in die Lage versetzt werden, im Einsatz das Richtige und Notwendige zu tun. Im Folgenden wird beispielhaft vorgestellt, wie ein Training für einen Stab anhand typischer Aufgaben aufgebaut werden kann. 

Vom Einzelcoaching bis zur Vollübung

Bei der Weiterbildung von Stäben kommen unterschiedliche Konzepte zur Anwendung. In Planbesprechungen werden Ereignisse lediglich durchdacht. In Planübungen werden Ereignisse anhand eines gedachten Ablaufs tatsächlich bearbeitet, wobei der praktische Anteil noch sehr gering ist und die Umgebung nicht zwingend ein Stabsraum sein muss. In Stabsrahmenübungen werden Ereignisse praktisch bearbeitet und die Realität meist ohne echte Einheiten durch sogenannte Übungsleitungen simuliert. Bei diesen drei Übungsarten kann eher das Lernen des einzelnen Stabsmitglieds im Vordergrund stehen. 

Bei Vollübungen werden Ereignisse unter Einsatz realer Einheiten bearbeitet. Dabei steht die Überprüfung der Funktionsfähigkeit des gesamten Führungssystems im Fokus. Die Übungsarten, bei denen stets der ganze Stab zusammenkommt und im Gesamtprozess übt, sind am weitesten verbreitet. Einzeltrainings für Sachgebiete oder Schlüsselpositionen sind weniger verbreitet. Es kann gesagt werden, dass der Lerneffekt für den Einzelnen größer ist, je stärker seine Aufgabe im Vordergrund der Lerneinheit steht. 

Trainings in kleinen Gruppen, z. B. auf Sachgebiets­ebene mit Wiederhol- und Reflexionssequenzen, sind deswegen besser zur Erlangung von individuellen Fähigkeiten geeignet. Vollübungen mit Führung echter Einheiten sind besser zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit des gesamten Führungssystems geeignet.

Krisenstabsübung
In Übungen von Krisenstäben können Elemente zusammengeführt werden, die zuvor in Gruppen auf Sachgebietsebene trainiert wurden.
Quelle: D. Gißler

Typische Aufgaben identifizieren

Die meisten Einsätze für Stäbe gleichen sich ihrer Struktur in gewissen Teilen, wie die folgenden Beispiele zeigen. Im nicht-polizeilichen Bereich von Feuerwehr und Katastrophenschutz erkennt man das bereits an der Aufbauorganisation des Stabes gemäß DV 100. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Stab unter anderem

  • standardmäßig Einsatzkräfte nachführen muss (S1),
  • die Lage erfassen muss (S2),
  • die Lage beurteilen, Maßnahmen ableiten und Aufträge erteilen muss (S3),
  • Ressourcen aller Art organisieren muss (S4),
  • Öffentlichkeitsarbeit betreiben muss (S5)
  • und eine Führungs- und Kommunikationsstruktur entwickeln und betreiben muss (S6).

Im Bereich des Business Continuity Management am fiktiven Beispiel eines Produktionsunternehmens fallen unter anderem meist Standardaufgaben an wie

  • Personalfragen klären,
  • Produktion und Logistik sicherstellen,
  • Kommunikation zu Beschäftigten, Kunden und Partnern durchführen
  • oder Security & Safety sicherstellen.

Im Bereich von Stäben der öffentlichen Verwaltung folgt die Aufbauorganisation des Stabes nahezu der allgemeinen Aufbauorganisation der Behörde, sodass die Aufgaben der Stabsbereiche fast die gleichen sind und lediglich in anderem Rahmen erbracht werden müssen. Innerhalb der hier geschilderten Tätigkeiten fallen erfahrungsgemäß immer wieder die gleichen Aufgaben an. Diese gilt es über mehrere Weiterbildungseinheiten hinweg zu identifizieren und zu sammeln. Am Beispiel einer Flächenlage für eine technische Einsatzleitung einer Feuerwehr wurden vier solche typischen Aufgaben identifiziert und mit einem groben Ziel beschrieben.

Tabelle 1: Beispielhafte typische Aufgaben einer technischen Einsatzleitung einer Feuerwehr bei einer Flächenlage

Bezeichnung

Ziel 

Schichtplan

Bis vier Stunden nach Einsatzbeginn einen Plan erstellen, mit dem die Besatzung des Stabes über sieben Tage alle acht Stunden ausgetauscht werden kann.

Einsatzkräfte heranführen

Bereitstellungsraum festlegen und mit einer Führungseinheit versehen, Einsatzauftrag formulieren, Kräfte alarmieren und an Einsatzabschnitt übergeben

Strategie entwickeln und formulieren

Problem erfassen, Schutzgüter definieren, Zielzustände formulieren, Maßnahmen ableiten und daraus einen Einsatzauftrag formulieren

Logistikkonzept für Güter entwickeln

Zentralen Umschlagsplatz festlegen, mit einer Führungseinheit und Logistikeinheiten ausstatten und einen Einsatzauftrag formulieren

Einzeln trainieren und gemeinsam üben

Nach ihrer Identifizierung und Beschreibung können die einzelnen Aufgaben einer zuständigen Fakultät im Stab zugeordnet werden. Das Training dieser Aufgaben kann dann unabhängig vom restlichen Stab erfolgen. Solche Lerneinheiten können durchaus den Charakter eines Workshops haben. Das angenommene Szenario sollte dabei für alle Fakultäten gleich sein, sodass die einzeln bearbeiteten Aufgaben später in einer gemeinsamen Übung zusammengeführt werden können. Der Arbeitsauftrag für alle Fakultäten kann in einer gemeinsamen Übung gegeben werden, bei der z. B. die Lagebesprechung im Fokus des gemeinsamen Lernens steht. Die Zusammenführung der Arbeitsergebnisse kann ebenso wieder in einer gemeinsamen Übung erfolgen, bei der z. B. die Strategieentwicklung im Vordergrund steht.

Durch Aufgabenorientierung effizienter und effektiver lernen

Durch die Aufteilung der Stabsübung in einzelne, unabhängige Einheiten können die einzelnen Teams mehr Zeit auf die Aufgabenarbeit aufwenden als die gesamte Gruppe in einem vergleichbaren Zeitraum. Der beanspruchte Zeitraum bleibt also gleich, wird aber besser ausgenutzt. Terminfindungen sind für kleinere Gruppen einfacher. Gerade im ehrenamtlichen Bereich können Reisezeiten zu kreisweiten für Übungen minimiert werden. 

Im hauptberuflichen Bereich werden die Lerneinheiten flexibler handhabbar, weil sie weniger Zeit am Stück beanspruchen. Zudem können für derartige Workshops zeitgemäße und auch für Pri­vat­anwender nutzbare Technologien wie Skype-Konferenzen oder digitale Arbeitsräume genutzt werden, sodass das Lernen räumlich noch weiter flexibilisiert werden kann. Oft entstehen aus solchen abgesetzten Trainings wertvolle Arbeitshilfen oder standardisierte Konzepte.

Zusammenfassung

In Stäben können Weiterbildungen effektiver und effizienter gestaltet werden, indem typische Aufgaben für spezielle Fakultäten in kleinen Gruppen trainiert werden statt im gesamten Stab. Die insgesamt als Mannstunden zur Verfügung stehende Übungszeit kann hierdurch besser ausgenutzt werden. Das Lernen in kleinen Gruppen ist nachhaltiger, weil der Einzelne stärker gefordert wird. Derartige Workshops können Stabsrahmenübungen oder Vollübungen nicht ersetzen, sondern ergänzen die unterjährige Weiterbildung.

Der vorliegende Beitrag ist der vierte Beitrag einer losen Serie zur Stabsarbeit. Bereits erschienen in: CP 2/2016, CP 4/2016, CP 1/2017. 


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