Als die Flut kam: Erinnerung an den THW-Oderfluteinsatz 1997

Bonn/Brandenburg. Ungewöhnlich starke Regenfälle lassen Anfang Juli 1997 in Polen und Tschechien Flüsse gefährlich anschwellen. Als sich die gewaltigen Wassermassen unaufhaltsam Richtung Norden schieben, ist bald klar: Auch Deutschland wird nicht verschont bleiben. Am 17. Juli erreichte die Flut den Landkreis Brandenburg. Mit 6,20 Meter stand der Pegel fast 3,50 Meter über den langjährigen Sommerwerten.

„Mehr als 7.200 THW-Kräfte aus 392 Ortsverbänden waren damals fast 500.000 Stunden zur Bekämpfung der Oderflut im Einsatz. Sie befüllten und verbauten Sandsäcke, leuchteten Gefahrenstellen aus und halfen tagelang dabei, das Brechen mehrerer Deiche entlang der Oder zu verhindern. Es war der erste große Einsatz in den östlichen Bundesländern“, erinnert sich THW-Präsident Gerd Friedsam. Seitdem sind 25 Jahre vergangen und im Hochwasserschutz hat sich einiges getan.

Oderflut
Oderflut
Quelle: THW

Ausgelöst durch ausgedehnte Starkniederschläge in den tschechischen und polnischen Gebirgsregionen traten die Flüsse March und Oder im Juli 1997 über die Ufer. Binnen kürzester Zeit waren am 10. Juli weite Landesteile Südpolens und Tschechiens überflutet und tausende Menschen obdachlos. Die polnische Regierung sprach umgehend ein Hilfeersuchen an die Bundesregierung aus, sodass bereits zwei Tage später THW-Kräfte in die Krisenregion entsendet werden konnten. Im Katastrophengebiet angekommen, leisteten die THW-Kräfte mit Trinkwasseraufbereitungsanlagen und Hochleistungspumpen einen Monat lang Hilfe bei der Bekämpfung der Flut in Polen.  

Nach den Geschehnissen in den Nachbarländern ging auch in Deutschland Anfang Juli eine Hochwasserwarnung an die betroffenen Gebiete heraus. THW-Kräfte in Ratzdorf und Frankfurt (Oder) erhöhten vorsorglich zusammen mit den örtlichen Feuerwehren niedrige Deichstrecken, besserten Schadstellen aus und schützten gefährdete Gebäude und wichtige Anlagen mit Sandsäcken. Am 17. Juli trafen die Wassermassen auf den Landkreis Brandenburg: Etliche Deiche wurden aufgeweicht und bekamen Risse.

THW, Bundeswehr, Polizei, Feuerwehren und Hilfsorganisationen handelten unverzüglich und stabilisierten die durchnässten Deiche in der Region. Zu Beginn füllten fast 500 THW-Kräfte in Zusammenarbeit mit den anderen Organisationen mehr als acht Millionen Sandsäcke mit rund 177.000 Tonnen Sand und Kies und verbauten diese zur Deichstabilisierung. In den darauffolgenden Tagen waren mehr als 7.200 THW-Kräfte aus 392 Ortsverbänden zur Bekämpfung der Flut im Einsatz. Durch ihren unermüdlichen Einsatz konnte beispielsweise der Deich im nördlichen Oderbruch bei Hohenwutzen gehalten werden und ging als „Wunder von Hohenwutzen“ in die Geschichte ein. Am 4. August hatten die Helferinnen und Helfer den Deich endlich gänzlich unter Kontrolle und bauten vorsorglich einen 2,5 Kilometer langen Notdeich bei Reitwein. Hierbei kamen die schweren Räumgeräte und Transportmittel der Technischen Züge zum Einsatz, mit denen die Kräfte Material zur Deichbaustelle beförderten.

Ende Juli ging auch ein Hilfeersuchen aus Tschechien ein, sodass 66 THW-Kräfte des Landesverbandes Bayern entsendet wurden. Dort unterstützten sie durch Pump-, Instandsetzungs- und Aufräumarbeiten die Beseitigung der Folgen des Hochwassers. Der Einsatz in Tschechien dauerte rund 50 Tage lang. In Deutschland endete der Einsatz am 3. September, nachdem mehr als 7.200 THW-Kräfte wochenlang dabei halfen, die Zerstörungen entlang der Oder zu bewältigen.

„Extreme Unwetterkatastrophen wie die Oderflut 1997 oder der Starkregen im Ahrtal vergangenes Jahr sind keine Einzelereignisse und werden sich auch in Zukunft auf Grund des Klimawandels wiederholen. Um auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein, hat das THW ein Hochwasserschutzprogramm entwickelt. Im Falle von Hochwasserlagen verfügen alle THW-Ortsverbände über die Fähigkeit, mithilfe von Tauch- bzw. Schmutzwasserpumpen mit unterschiedlicher Leistungsstärke Wasser aus Kellern o.ä. zu entfernen, Menschen aus Notlagen zu befreien sowie bei Sicherungsmaßnahmen zu unterstützen. Hinzu kommen in jedem Regionalbereich spezialisierte Fachgruppen, die über profundes Fachwissen auf den Gebieten Wassergefahren, Brückenbau oder Ölschadensbekämpfung verfügen. Somit ist das THW auch in Zukunft gut für solche Einsatzlagen gerüstet“, resümiert THW-Präsident Gerd Friedsam.

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