16.09.2024 •

BBK veröffentlicht die neue EGRED 2

Wichtiges Update zum Standardwerk für den sicheren und effektiven
Drohneneinsatz im Bevölkerungsschutz

Katrin Uhl

Eine Starrflügler-Drohne ist startbereit
Christian Weiser

Der in letzter Zeit fast rekordverdächtige „Output“ des EU-Verordnungsgebers zum Drohnenrecht zwingt unter anderem dazu, nationale Gesetze und Verordnungen, aber auch Handlungsempfehlungen fortlaufend anzupassen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat diese Änderungen im Blick und die „Empfehlungen für Gemeinsame Regelungen zum Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz“ (EGRED) als koordinierende Stelle zusammen mit einer Vielzahl von Bevölkerungsschutz- und Luftfahrtfachleuten aktualisiert und die Neuauflage („EGRED 2“) im Dezember 2023 veröffentlicht. 

Schon die erste Auflage hat gezeigt, dass die EGRED eine unverzichtbare Grundlage für einen rechtssicheren und effektiven Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz sind. Die EGRED in dieser Form sind mittlerweile als Standardwerk für den Drohnenbetrieb vor allem von Feuerwehren, Hilfsorganisationen und THW anerkannt. Die vollständig überarbeitete Neuauflage berücksichtigt die tiefgreifenden Änderungen des europäischen und nationalen Rechts seit Erscheinen der Erstauflage 2019 und erläutert die daraus resultierenden Anforderungen an die Einsatzkräfte. Auch werden die bisher gewonnenen Erkenntnisse aus der Einsatzpraxis berücksichtigt.

Was ist der Grundgedanke der EGRED?

Die EGRED sind das Standardwerk für den Drohneneinsatz im Bevölkerungsschutz und werden in der Fläche durchweg angewendet. Sie sind auch ein wichtiges Signal an die Öffentlichkeit: Sie zeigen, dass der Bevölkerungsschutz den Mehrwert des Einsatzes von Drohnen erkannt hat und sich für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit diesem vielseitigem Einsatzmittel einsetzt.

Durch die organisationsübergreifende Anwendung der EGRED soll gewährleistet werden, dass der Drohnenbetrieb durch nichtpolizeiliche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsauf­gaben (BOS) oder in deren Auftrag bei Einsatz, Aus- und Fortbildung sowie Übungen bundesweit nach gleichen Mindeststandards erfolgen kann. Dies erleichtert die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure im Bevölkerungsschutz gerade in großen Schadenslagen und trägt zur Sicherheit am Boden und in der Luft bei. Damit der Umgang mit den Geräten nach gleichen Maßstäben geschult wird, unterstützen die EGRED die nicht-polizeilichen BOS dabei, interne Vorgaben für eine adäquate Ausbildung zu formulieren und bieten Hilfestellungen für die Prüfung aller rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die regelkonforme Durchführung von Risikobewertungen in eigener Verantwortung an. Die EGRED leisten damit auch einen wertvollen Beitrag zur ­Verringerung möglicher Betriebsgefahren. Auch wenn die EGRED nur „Empfehlungen” sind, sind sie ein essenzielles Bezugsdokument für die nicht-polizeilichen BOS. Die EGRED sind so konzipiert, dass eine unmittelbare Anwendung möglich ist. Bei der Umsetzung in eine konkrete Dienstvorschrift kann es jedoch notwendig sein, einzelne organisationsspezifische Ergänzungen vorzunehmen.

Neben dem beschriebenen faktischen Standardisierungseffekt gibt es zudem rechtssystematische Gründe. Die insofern anwendbare Rechtsgrundlage (die EU-Luftfahrt-Grundverordnung VO/EU 2018/1139) nimmt BOS ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich und damit auch aus dem Anwendungsbereich der auf ihrer Grundlage erlassenen Durchführungs- und delegierten EU-Verordnungen aus (insbesondere VO/EU 2019/947 und DVO (EU) 2019/945). 

Dies bedeutet allerdings nicht, dass BOS-Drohneneinsätze keinerlei Beschränkungen unterlägen. Die Befreiung von den Vorgaben dieser Verordnungen dient der Effektivität von Sicherheitseinsätzen, ohne die damit einhergehenden Sicherheitsrisiken zu ignorieren. Deshalb verknüpft die EU-Luftfahrt-Grundverordnung diese Befreiung mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die darin definierten Sicherheitsziele beim Drohneneinsatz durch BOS angemessen berücksichtigt werden. Deutschland ist dieser Verpflichtung wegen der dezentralen Struktur des Rettungswesens und der unterschiedlichen Organisationsformen von BOS nicht durch Erlass von Rechtsvorschriften nachgekommen, sondern durch die Veröffentlichung von Empfehlungen, die unter Federführung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie unter maßgeblicher Mitwirkung von BOS- und Luftfahrtfachleuten zustande gekommen sind. Das Dokument enthält Empfehlungen an die BOS, wie sie den Sicherheitszielen des EU-Rechts auf eine standardisierte Weise gerecht werden können. Die EGRED sind insofern der „Umsetzungsmechanismus“ für das formal für BOS nicht geltende EU-Recht.

Die EGRED 2 sind die neuen Handlungsempfehlungen zum Einsatz von Drohnen wie...
Die EGRED 2 sind die neuen Handlungsempfehlungen zum Einsatz von
Drohnen wie z.B. einem Quadrocopter
Quelle: Christian Weiser

Was ändert sich mit der EGRED 2?

Auch wenn die BOS formal nicht an das EU-Drohnenrecht gebunden sind, sind die damit verfolgten Sicherheitsziele gleichwohl „angemessen“ zu berücksichtigen: Diese Ziele werden am besten durch die Einhaltung der EU-Vorschriften erreicht. Den nicht-­polizeilichen BOS wird daher in den EGRED 2 dringend empfohlen, die Regelungen des EU-Rechts zu kennen und anzuwenden. Nur wenn der Einsatzerfolg dadurch gefährdet wird, kann ausnahmsweise (unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit) davon abgewichen werden. Außerdem wird dringend empfohlen, eine spezifische Ausbildung der „Drohnensteuerer“ (im EU-Drohnenrecht „Fernpiloten“ genannt) sicherzustellen beziehungsweise zu organisieren. Diese Ausbildung sollte die Inhalte der EU-Drohnenverordnung sowie die speziellen Anforderungen für den Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz abdecken. Die Basis der Ausbildung ist der EU-Kompetenznachweis A1/A3 des LBA, um Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit herzustellen. Dieser sollte das absolute Minimum für angehende BOS–Drohnensteuerer sein. Eine Gebührenbefreiung für den EU-Kompetenznachweis ist für Angehörige der Feuerwehren, des THW und der anerkannten Hilfsorganisationen auf Antrag beim LBA möglich. Darauf aufbauend folgen BOS-Theoriemodule, die besonders auf die speziellen Herausforderungen eines BOS-Einsatzes eingehen. Die anschließende Praxisphase ist in einzelne Module aufgeteilt. Das neue Ausbildungskonzept ist umfangreich und stellt sicher, dass BOS-Drohnensteuerer möglichst gut vorbereitet sind, um die oft unvorhersehbaren Situationen in einem BOS-Einsatz meistern zu können. Denn BOS-Einsätze verlaufen meist nicht standardisiert, weshalb BOS-Drohnensteuerer über eine spezifischere Ausbildung verfügen sollten als der private oder gewerbliche Fernpilot.

Zudem sind Verfahrensweisen zu den Verantwortlichkeiten und Entscheidungsabläufen zu treffen. Außerdem enthalten die EGRED 2 aktualisierte Hilfestellungen für die Risikobewertung von Drohneneinsätzen. Zu den neuen Rahmenbedingungen des EU-Rechts gehören insbesondere die Kategorisierung des Drohnenbetriebs in „offen, speziell sowie zulassungspflichtig“ sowie die Risikobewertung mit Hilfe der sog. SORA-Methode. Die Anforderungen des EU-Drohnenrechts zielen darauf ab, das strukturell komplexe Luftrisiko (zum Beispiel Kollision oder Gefährdung des sonstigen Luftverkehrs) beziehungsweise Bodenrisiko (zum Beispiel drehende Rotoren, Gefährdung unbeteiligter Personen, Absturz) zu minimieren. Die EGRED 2 übertragen das auf die Besonderheiten von BOS-Einsätzen. Mit Rücksicht auf die betrieblich und zeitlich notwendige Flexibilität beim Drohneneinsatz durch BOS kann die sehr komplexe Risikobewertung durch die Anwendung vordefinierter BOS-Standardszenarien vereinfacht werden. Diese sind derzeit in Bearbeitung und werden nach Fertigstellung auf der Drohnen-Webseite des BBK unter www.bbk.bund.de/drohnen zur Verfügung gestellt.

Mindestens ebenso wichtig ist es, dass durch die EGRED 2 eine rechtssichere Standardisierung des Verhaltens am Einsatzort bewirkt wird. Nur hierdurch kann die notwendige und höchstmögliche Effektivität der BOS-Einsätze gewährleistet und das Risiko eines gleichzeitigen Drohnenbetriebs durch mehrere Betreiber auf begrenztem Raum auf ein vertretbares Maß herabgesenkt werden. Denn anders als üblicherweise beim sonstigen Drohnenbetrieb geht es beim BOS-Betrieb ja nicht nur um einen Flug von A nach B mit einer in der Regel kurzen Verweildauer am Zielort. Der Aufenthalt und das Agieren im Luftraum über einem geografisch begrenzten Einsatzort ist vielmehr der Schwerpunkt des Drohneneinsatzes durch BOS. Hinzu kommt, dass am Einsatzort (Zielort des Fluges) in aller Regel nicht nur eine einzige BOS tätig ist, sondern ggf. mehrere Akteure mit ihren jeweiligen Aufgaben. Anders als beim privaten und kommerziellen Drohnenbetrieb verlangt der BOS-Drohnenbetrieb deshalb am Zielort eine umfassende Koordination. Dementsprechend wurden die Hinweise zur Koordinierung bei gleichzeitigem Einsatz von Rettungs- und/oder Polizeihubschraubern oder anderen Luftfahrzeugen in der EGRED 2 fortentwickelt und berücksichtigt.

Überarbeitungsprozess zur Neuauflage

Wie bereits die Erstauflage wurde auch die EGRED 2 vorrangig von Sachverständigen der folgenden Behörden und Organisationen erarbeitet:

  • Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V.
  • Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren
    in der Bundesrepublik Deutschland
  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
  • Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
  • Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
  • Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V.
  • Deutscher Feuerwehrverband e. V.
  • Deutsches Rotes Kreuz e. V.
  • Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
  • Malteser Hilfsdienst e. V.
  • Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V.

An der Überarbeitung haben daneben weitere Fachleute aus den Innenministerien der Länder und der Projektgruppe Feuerwehr-Dienstvorschriften (PG FwDV) mitgewirkt. Zudem waren das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das Luftfahrt-Bundesamt (LBA), die Deutsche Flugsicherung (DFS), diverse weitere Luftfahrtbehörden des Bundes und der Länder, verschiedene Polizeien der Länder, die Bundespolizei sowie Luftrettungsorganisationen wie ADAC und DRF im Rahmen umfangreicher Abstimmungs- beziehungsweise Stellungnahmeverfahren inhaltlich beteiligt. 

Hervorzuheben ist, dass von Anbeginn ein hervorragender fachübergreifender Austausch bestand. Dies gilt insbesondere für die Luftfahrtbehörden, die den Arbeitsprozess aus erster Hand und luftverkehrsrechtlicher Sicht intensiv unterstützt haben. Diese Form der Zusammenarbeit war äußerst wertvoll und hat viel gegenseitiges Verständnis geschaffen. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten verlief stets konstruktiv und angenehm – und dies trotz der besonderen Herausforderungen der letzten Jahre (Corona, Hochwasser, Ukraine et cetera). Nur dank des außerordentlichen Fachwissens und der äußerst engagierten Mit- und Zuarbeit aller Beteiligten ist es gelungen, mit den EGRED 2 erneut ein hoch qualifiziertes Ergebnis im allseitigen Konsens zu erzielen.

Blick in die Zukunft

Die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten von Drohnen im Bevölkerungsschutz sind vielfältig und hinreichend bekannt. Heute noch nicht absehbar sind die weiteren zukünftigen Chancen für den Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz, die sich unter anderem aufgrund der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung bieten. Aber auch künftige Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Neben der sich rasant weiterentwickelnden Drohnentechnik (Stichwort KI) ist es extrem wichtig, die hochdynamische Rechtslage und den stetig zunehmenden Drohnenbetrieb im Blick zu behalten. Je intensiver der Luftraum durch Drohnen genutzt wird, desto mehr wächst die Notwendigkeit einer angemessenen Zuteilung dieser knapper werdenden Ressource. Die vorgesehene Einrichtung von U-Space-Lufträumen, in denen der jeweilige Drohnenbetrieb nur nach Anmeldung und Genehmigung einer bestimmten Flugstrecke und einer bestimmten Zeit stattfinden darf, soll hier die notwendige Abhilfe schaffen. 

Es steht außer Frage, dass Drohneneinsätzen von BOS hier absoluter Vorrang eingeräumt werden muss. Die Notwendigkeit, bei Gefahrenlagen umgehend und möglichst schnell zum Einsatzort zu gelangen, ist prägend für die Einsätze von Rettungskräften aller Art nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft. Der “Blick von oben”, der im privaten und kommerziellen Bereich eher als eine zu unterbindende Rechtsbeeinträchtigung empfunden wird, ist für eine zielsichere Hilfeleistung ein nicht zu unterschätzender Gewinn. Zudem ermöglicht er gerade bei komplexen Einsatzlagen mit unterschiedlichen Akteuren die unverzichtbare Koordinierung und trägt auf diese Weise zusätzlich zur Effektivität der Einsätze bei. Die EGRED 2 bilden den derzeitigen Rechts- und Erkenntnisstand ab. Auch durch die neuen Themen wie z.B. U-Space bleibt die intensive fachliche Weiterbegleitung des Themas Drohnen für Zwecke des Bevölkerungsschutzes daher essentiell.

Die EGRED 2 sind unter https://www.bbk.bund.de/egred ­veröffentlicht 



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