Einsatz nach dem Einsatz

Manchmal brauchen auch Helferinnen und Helfer Hilfe: Im Einsatz erleben die THW-Kräfte teilweise traumatisierende Bilder und Geschichten. Um diese angemessen zu verarbeiten, gibt es im THW sogenannte „Einsatz-Nachsorge-Teams“, die vor allem jetzt in der Flutkatastrophe gefordert sind. Im Unwettergebiet in Rheinland-Pfalz können sich die Einsatzkräfte an ein solches Team wenden. Die Teamleiterin erzählt im Interview von ihrer Tätigkeit und den größten Herausforderungen in der Flutkatastrophe in Westdeutschland.

Katastrophen wie die Flutkatastrophe verlangen den Einsatzkräften nicht nur körperlich enorm viel ab, die Einsätze können auch psychisch belastend sein. Um diese Belastungen während oder nach dem Einsatz aufzufangen, stehen „Einsatz-Nachsorge-Teams“ (ENT) zur Verfügung. Im Bereitstellungsraum am Nürburgring gibt es eines dieser Teams. Die fachliche Leiterin dieses Teams im Interview:

Offene, geschulte Ohren
Offene, geschulte Ohren: Das Einsatz-Nachsorge-Team kümmert sich im Bereitstellungsraum um die Helferinnen und Helfer, die aus den Katastrophengebieten kommen.
Quelle: THW/Pablo Grimm

Was steckt hinter der Abkürzung ENT?

Die Abkürzung steht für „Einsatz-Nachsorge-Team“, im THW gibt es davon eines pro Landesverband, also acht insgesamt. Momentan besteht unser Team vor Ort aus 13 Mitgliedern aus verschiedenen Landesverbänden. Wir begleiten die Einsatzkräfte während des Einsatzes und danach, um sie psychologisch zu entlasten.

Was sind die Aufgaben des Einsatz-Nachsorge-Teams?

Wir sind im THW für die Helferinnen und Helfer da. Nach Einsätzen stehen wir für Gruppen- oder Einzelgespräche bereit, in denen wir über das Erlebte reden. Wir begleiten Kräfte aber auch im Einsatz und beraten Führungskräfte. Wenn wir nicht im Einsatz sind, bilden wir unsere Helferanwärterinnen und -anwärter in der Grundausbildung zu dem Themengebiet "Psychosoziale Notfallversorgung und Einsatznachsorge" aus und schulen Führungskräfte.

Warum ist das ENT in der Flutkatastrophe besonders wichtig?

Bei der Flutkatastrophe kommt einiges zusammen. Zunächst ist das Ausmaß der Katastrophe und die Anzahl der betroffenen Menschen enorm hoch. Im Einsatz begegnen den Helferinnen und Helfern dann Bilder enormer Zerstörung, das direkte Leid der Betroffenen und teilweise auch der Tod, wenn Leichen geborgen werden müssen. Hinzu kommen die sehr lange Einsatzdauer und große Unsicherheiten, was die Helferinnen und Helfer noch erwartet. Zwischen den Einsätzen haben die Kräfte außerdem nur bedingt Rückzugmöglichkeit. Es fehlen die Familie und die Freunde oder ein Ort der Ruhe. Die Einsatzlage kann sehr fordernd und belastend für die Einsatzkräfte sein.

Wie sieht die Hilfe des ENT vor Ort aus?

Wir sind 24/7 telefonisch für alle Helferinnen und Helfer erreichbar, um bei Bedarf Einzel-, Gruppengespräche oder Beratungen für Führungskräfte zu vereinbaren. Wir fahren auch an die Einsatzstellen, um vor Ort ansprechbar zu sein und um über unsere Erreichbarkeit zu informieren. Außerdem vermitteln wir an das ENT des Heimat-Landesverbandes oder stellen bei Bedarf Kontakt zur Unfallkasse Bund und Bahn her zur weiteren Unterstützung. So wollen wir auch langfristig sichern, dass die Kräfte eine Ansprechperson haben.

Wie werden ENT-Kräfte für diese Tätigkeit ausgebildet und auf die Einsätze vorbereitet?

Alle ENT-Kräfte durchlaufen vorgegebene Ausbildungen im THW, in denen sie bestimmte Stressauslöser, Bewältigungsstrategien, Gesprächstechniken und Einsatzoptionen erlernen. Manche bringen zusätzlich eine fachliche Qualifikation aus ihrem Beruf mit, zum Beispiel haben wir in verschiedenen Teams Expertinnen und Experten aus der Psychologie, Sozialpädagogik, Medizin oder Theologie. Außerdem bilden sich die Teams regelmäßig weiter und vertiefen spezielle Themen. Bei Einsätzen in den jeweiligen Landesverbänden sind die Teams dabei und begleiten die Ehrenamtlichen.

Wer kümmert sich um die ENT-Kräfte in dieser Situation?

Unsere Ausbildung ermöglicht uns, dass wir helfen und für andere da sein können. Das gilt auch innerhalb des Teams. Die Zusammenarbeit im Team ist super und wir haben immer die Möglichkeit der Supervision.


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