Hochwasserhilfe in eigener Sache

Bundeswehr/Ilja Derstroff

Neben privaten Anwohnern, öffentlichen Einrichtungen und privaten Unternehmen wurde auch die Bundeswehr in Bad Neuenahr vom Unwetter getroffen. Am 10. August trafen sich rund 100 Helfer aus den verschiedensten Bereichen der Bundeswehr in der Liegenschaft Westend, um Akten und Material zu bergen sowie die Fußböden von feuchtem Schlamm zu befreien.

Die Unter- und Erdgeschosse in der durch die Bundeswehr im so genannten Westend genutzten Liegenschaft standen bis zu 1,30 Meter über Liegenschaftsniveau im Wasser. Die Räume sind verwüstet, der Boden ist mit einer dicken Schlammschicht bedeckt.

„Nun ist es Zeit, hier aufzuräumen“, so der Leiter des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums (BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum) Mayen, Oberregierungsrat Dirk Umbach-Spelz. „Die Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe sind für uns alle nach wie vor schockierend“, zeigte er sich sichtlich betroffen. „Wir packen nun alle gemeinsam an, um die Räumlichkeiten so schnell wie möglich wieder in einen nutzbaren Zustand zu bringen.“

Ohne Mampf kein Kampf

In der Frühstückspause bedankte sich Umbach-Spelz bei allen Helfenden für ihre Bereitschaft und Unterstützung, die Bundeswehr-Liegenschaft in Bad Neuenahr nach der Flut aufzuräumen. Zur Stärkung der Helfenden besorgte das BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum zur Frühstückspause belegte Brötchen, Kaffee, Tee und Kaltgetränke, für die Mittagspause Spaghetti Bolognese. Vor dem Einsatz gab der Leiter den Helfern mit auf den Weg, „aufeinander zu achten und Pausen einzulegen.“ 

Aber auch auf Sicherheits- und Corona-Hygiene-Maßnahmen wurden alle Helfer durch BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum-Mitarbeitenden hingewiesen. Die Arbeiten wurden weitestgehend mit Schutzmasken und in Schutzanzügen durchgeführt, dies brachte unausweichlich den einen oder anderen Schweißtropfen hervor.

Überall Schlamm, Trümmer und Schmutz

Nutzer der Liegenschaft in Bad Neuenahr sind Teile des Kommandos Strategische Aufklärung mit rund 120 Soldatinnen und Soldaten sowie der Standortservice des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Mayen mit 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die Bausubstanz wurde durch das Hochwasser sichtbar in Mitleidenschaft gezogen. Der Vermieter, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImABundesanstalt für Immobilienaufgaben) wurde unmittelbar nach dem Schadenereignis kontaktiert. Statiker waren bereits vor Ort, haben sich von der Standfestigkeit der beiden aus den 1970er-Jahren stammenden vierstöckigen Gebäude überzeugt und grünes Licht für eine weitere Nutzung gegeben. Das zuständige Kompetenzzentrum Baumanagement Wiesbaden und der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung Rheinland-Pfalz wurden ebenfalls informiert. Erste Aufträge wurden bereits erstellt, um aus sogenannten Hausmeisterverträgen Leistungen abzurufen.

 „Heute wollen wir weitestgehend den ersten Schritt zur Vorbereitung der anstehenden Sanierung beenden und die Unter- und Erdgeschosse vollständig räumen, damit durch Mitarbeitenden des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Trockengeräte aufgestellt werden können“, so Grebe.

Schäden

In die Keller und Erdgeschosse der beiden Gebäude sind rund 3.000 Kubikmeter Wasser eingedrungen. Als Vergleich kann man sich das Volumen eines Gelenkbusses vorstellen, dieser fasst etwa 120 Kubikmeter. Die Infrastruktur wurde in Mitleidenschaft gezogen. Feuchte Wände müssen getrocknet werden, Böden gilt es zu entfernen und zu erneuern, neue Elektrik ist zu verlegen, eine neue Heizung ist einzubauen und neue Möbel sind zu beschaffen. Die BWI kümmert sich um den Server und diverse PCs und Drucker.

„Der Gesamtschaden in dieser Liegenschaft wird derzeit vorsichtig auf 1,5 Millionen Euro geschätzt“, so Gabriel Sawinski vom Technischen Gebäudemanagement.

Gemeinsam schaffen wir das

16 Soldatinnen und Soldaten vom Bataillon Elektronische Kampfführung 931 aus Daun, 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Zweibrücken, 20 Soldatinnen und Soldaten vom Kommando Strategische Aufklärung und rund 50 Angehörige des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Mayen schaufelten, schleppten und kehrten unermüdlich „Hand in Hand“. 

Regierungshauptsekretär Dennis Busch vom BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Zweibrücken brachte seine Motivation kurz und knapp auf den Punkt: „Einfach helfen“, und berichtete über seine Eindrücke der Aktion:

 „Es ist einfach Wahnsinn, wie alle zusammenhalten und anpacken, standortübergreifend, bundeswehrgemeinsam und unbürokratisch“.

Regierungsinspektoranwärter Nils Noga vom BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Mayen zeigte sich beeindruckt, wie viele Leute sich engagieren. Als ihn am 6. August der Aufruf zur Aktion erreichte, war er sofort mit dabei.

Umfeld: Vom Sperrmüll zum Bauschutt

Thomas Gerhards, Gärtnermeister vom Geländebetreuungsdienst in Büchel, erzählte von der unkonventionellen Hilfe innerhalb der Bundeswehr, mit dem THW und anderen Hilfsorganisationen.

„Man hat immer das Gefühl, nicht genug zu helfen. Dort, wo gestern die Straßen geräumt wurden, liegen heute wieder neue Müllberge.“

Autowracks aller Fabrikate liegen vereinzelt in der Stadt oder bereits in großen Mengen auf Abladeplätzen. Riesige Müllberge türmen sich außerhalb der Stadt auf. Fast vier Wochen nach der Katastrophe gibt es immer noch viel Schlamm, der sich bei auftretendem Sonnenschein schnell in feinen Staub verwandelt und sich wie ein leichter Schleier über die unwirkliche Szenerie legt.

Ein Moment zum Innehalten

Ein besonderer Moment war die Zusammenkunft mit Werner Marner von der Geländetreuung des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Mayen. Marner zählt zu den Menschen, die künftig am 14. Juli ihren zweiten Geburtstag feiern. Der Dernauer erzählte, wie das Wasser innerhalb von einer halben Minute um fast einen Meter anstieg und er plötzlich bis zum Hals im Wasser stand. Ein Baumstamm suchte sich seinen Weg durch Marners Erdgeschosswohnung – ins Wohnzimmer herein, zur Küche hinaus. 

Buchstäblich in letzter Sekunde konnte er sich eine Etage höher und mit seinem Vermieter aufs Dach retten. Die Rettung kam Stunden später. Ein Fahrzeug des Sanitätsdienstes bahnte sich den Weg durch die Fluten und konnte Marner nebst Vermieter aufnehmen. Sichtlich gefestigt wirkt dieser Mann, der alles Hab und Gut verlor und dennoch Freude zeigt, seine Kolleginnen und Kollegen zu sehen und Danke sagen zu können für die Unterstützung, die er in den letzten Wochen erfahren hat. In seine alte Wohnung wird er nie mehr zurückkehren können. Eine vorübergehende neue Bleibe hat Marner in einer Ferienwohnung gefunden.

Insgesamt sind 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Mayen unmittelbar durch die Hochwasserkatastrophe betroffen. Viele haben alles verloren, aber alle sind mit dem Leben davongekommen.


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