14.02.2019 •

Gefahrendetektion mit autonomen UAS und UGV

Dr. Andreas Meissner, Christian Frey

Fraunhofer

Wenn Sensoren im Unglücksfall in einer CBRNe-­Gefahrenzone zum Einsatz kommen sollen, stellt sich oft die Frage, wie diese dorthin ausgebracht werden können. Sollten Einsatzkräfte diese selbst in Stellung bringen? Oder gibt es andere Möglichkeiten, Sensoren zu verbringen und Daten zu akquirieren, selbst wenn vor Ort keine geeignete Infrastruktur zur Verfügung steht? Könnte ein Netz aus neuartigen vernetzten luft- und landgestützten mobilen Sensorträgern eine Lösung darstellen?

Die Fraunhofer-Ge­sellschaft hat sich in ihrem Forschungsprojekt SENEKA mit dieser Frage befasst und ein ­“Sensornetz mit mobilen Robotern für das Katastrophen­management” entwickelt. Dieser Beitrag beschreibt die Grundzüge des ­SENEKA-Systems und skizziert Anwendungen für ­CBRNe-Gefahrenlagen.

Gefahrendetektion mit autonomen UAS und UGV
Quelle: Fraunhofer

Autonome UAS und UGV

SENEKA umfasst kleine fliegende Plattformen (UAS, unmanned aerial systems – landläufig oft als “Quadrocopter” bezeichnet) und fahrende Plattformen (UGV, unmanned ground vehicles) in verschiedenen Größen. Diese sind untereinander sowie mit einer zentralen Kontrollstation vernetzt. UAS und UGV können autonom operieren, d. h. sie müssen nicht per Joystick von einem Bediener gesteuert werden, sondern finden ihren Weg von selbst.

Mittels eines als SLAM (simultaneous localization and mapping) bekannten Verfahrens scannen die UGV während der Fahrt mit optischen Sensoren und Laserscannern ihre Umgebung und errechnen eine digitale Karte, die mit der Zeit immer genauer wird. Diese wird zur Navigation verwendet – etwa zum selbstständigen Errechnen eines geeigneten Wegs um ein Hindernis herum – und findet auch Eingang in die Lagedarstellung für die Verantwortlichen in der Kontrollstation. 

Zu den SENEKA-UGVs gehört neben einem kleinen Raupenfahrzeug auch das eigenentwickelte Allrad-Fahrzeug “Quanjo” von der Größe eines Quads, das zusätzlich zur verbauten Sensorik auch mit Aktorik ausgestattet werden kann, etwa einem Roboterarm zum Ausbringen von Tochtersonden entlang des Fahrwegs. Die UAS sind handelsübliche Plattformen, z. T. ebenfalls modifiziert zum Abwerfen zusätzlicher Sensoreinheiten während des Flugs.

Funktionsweise

Diese absetzbaren Sensoreinheiten sind eine Innovation in ­SENEKA: Die so genannten “High-End” Sensorsonden, die vom Quanjo per Roboterarm abgesetzt und später auch wieder eingesammelt werden können, haben etwa die doppelte Größe eines Hockers und richten sich nach dem Ausbringen mittels einer besonderen Stelzenkonstruktion auch auf unebenem Boden selbstständig aufrecht aus. 

Systemübersicht SENEKA
SENEKA Systemübersicht
Quelle: Fraunhofer

Neben optischen Sensoren, GPS, Windmesser und Funkmodulen im drehbaren Nutzlastbereich können sie auch mit Gas-Sensorik ausgestattet werden, etwa um über einen längeren Zeitraum hinweg stationär Konzentrationsmessungen zu betreiben, die in das Lagebild eingehen. Die so genannten “Best-Price” Sensorkugeln sind dagegen auf niedrige Herstellungskosten optimiert und werden nach dem Abwurf durch ein UAS vom Typ “Horus” nicht wieder eingesammelt. Ihr Zweck ist es, nach Explosions- oder Einsturzunglücken in ansonsten schwierig zugängliche Trümmerkegel einzurieseln, in denen Verschüttete vermutet werden.

Das Einrieseln gelingt durch eine eingebaute Kinetik-Einheit, mittels derer sich die im Durchmesser etwa 10cm großen Kugeln so “schütteln”, dass sie in jedem Bewegungszyklus tiefer in den Kegel eindringen. Die eingebaute Sensorik umfasst neben Abstandsmessern auch CO2-Detektoren, außerdem ist ein Notrufknopf eingebaut, den Verschüttete betätigen können, wenn eine der Kugeln neben ihnen zu liegen kommt.

SENEKA Sensorknoten können sowohl kommerziell erhältliche Sensoren als auch speziell eigenentwickelte kolorimetrische oder fotoakustische Gas-Sensoren aufnehmen. Um Sensorträger, Sensorknoten und Kontrollstation selbst unter schwierigen Bedingungen verlässlich zu vernetzen, kommt in SENEKA ein eigenentwickeltes MeshNode Kommunikationsnetz zum Einsatz. 

Dieses basiert auf einem redundanten Multi-Hop-Ansatz und wählt aus einer Reihe von Frequenzen jeweils diejenigen aus, auf denen die geringste Störung erwartet wird. Die Kontrollstation ist in einem Fahrzeug vom Typ Mercedes Sprinter aufgebaut und stellt die Zentrale für Missionssteuerung, Datenauswertung und Lageanalyse dar.

UGV Quanjo ausgestattet mit High-End Sensorsonde
UGV Quanjo mit High-End Sensorsonde.
Quelle: Fraunhofer

Ausblick

Das Fraunhofer-Forschungsvorhaben endete nach einer Einsatzdemonstration planmäßig im Dezember 2014. Sobald SENEKA mit Partnern vom Prototypen zu einem für den Echteinsatz tauglichen System weiterentwickelt wird, können Rettungskräfte bei CBRNe-Gefahrenlagen auf ein im Vergleich zu heute erheblich erweitertes Instrumentarium zurückgreifen, um Sensoren in kritische Bereiche auszubringen und Daten zu sammeln und zu analysieren. Dank der Autonomiefähigkeiten von SENEKA können sich Experten auf Definition und Auswertung der Überwachungs- und Aufklärungsmission konzentrieren, ohne sich um Details der Steuerung kümmern oder sich gar unnötig selbst in Gefahrenbereiche begeben zu müssen.

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die größte anwendungsorientierte Forschungseinrichtung Europas. Entlang des etablierten Fraunhofer-Innovationsmodells werden Forschungsergebnisse wie die in SENEKA erarbeiteten zusammen mit Partnern aus der Industrie weiterentwickelt und für den Praxiseinsatz zur Verfügung gestellt. Derzeit knüpft das SENEKA-Team Kontakte mit an einer Innovationspartnerschaft interessierten Firmen.

Weitere Informationen zum Projekt sind auf http://www.fraunhofer.de mit dem Stichwort “SENEKA” verfügbar. 

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