Bei einer Großübung im Großraum Tübingen unter der Leitung des Innenministeriums von Baden-Württemberg durfte @fire – Internationaler Katastrophenschutz Deutschland e. V., die Vorgehensweise zum wassersparenden Löschen von Vegetationsbränden zeigen. Zur Unterstützung wurden von Mercedes Benz, Wörth, zwei Unimogs zur Verfügung gestellt. Ein TLF 2000 nach DIN 14530 Teil 18 auf U 400 als Vorführfahrzeug und ein U 5023 mit Doppelkabine und Pritsche, sogar in der gelben „Hausfarbe“ der Organisation mit Sondersignalanlage.
Mit diesem Fahrzeug und aufgesetzten IBC-Behältern sowie einer kleinen Motorspritze wurde das Ablöschen im Pump and Roll Betrieb demonstriert während eine Mannschaft, bestehend aus Feuerwehrleuten örtlicher Feuerwehren und
@fire-Mitgliedern, das Anlegen einer Brandschneise mit Handwerkzeugen durchführte.
Die Übung hat deutlich gezeigt, wie wichtig geländegängige (und nicht nur geländefähige) Fahrzeuge im abwehrenden Brandschutz abseits befestigter Wege, insbesondere bei der Vegetationsbrandbekämpfung, sind. Denn am Ende der Übung musste der U5023 sogar einen festgefahrenen GW-L2 (trotz Allrad, Differentialsperren und Singlebereifung!) aus einer weichen Wiese ziehen. Sehr eindrucksvoll wurde der Einfluss entsprechender Bereifung (der Unimog hatte Ackerbereifung) und einer Reifendruckregelanlage (der Luftdruck wurde dabei abgesenkt) deutlich.
Das sind eben Ausstattungsmerkmale, die beim Unimog serienmäßig möglich sind, ähnlich der Funktion „Watfähigkeit“ (nicht zu verwechseln mit einer begrenzten Wasserdurchfahrtsfähigkeit) und der Möglichkeit das Fahrzeug bereits mit einem Hitzeschutzpaket zu ordern um auch bei heißen Untergründen die empfindlichen Komponenten und insbesondere die Kabel und Luftleitungen zu schützen.
Im Nachgang zu dieser Übung wurde von @fire jetzt ein Konzept entwickelt, das unterschiedliche Ansprüche speziell in ausgedehnten Katastrophenlagen abdecken könnte. Neben dem Anspruch auf höchste Mobilität in extremen Wetter- und Geländelagen wurden Aufgaben- bzw. Themenschwerpunkte definiert, die in nachfolgender technischer Beschreibung festgelegt wurden.
Durch diese Fahrzeugausstattung sind insbesondere nachfolgende Einsatzszenarien ohne größeren Umbau des Fahrzeugs schnell, zuverlässig und sicher möglich, die mit anderen Fahrzeugen nur für eine spezielle Funktion möglich sind oder mit erheblichen Einschränkungen in der Mobilität oder in Bezug auf sicherheitsrelevante Aspekte, wie z. B. der Eigenschutz der Mannschaft und des Fahrzeugs bei einem Waldbrandeinsatz darstellbar wären.
Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung
Dazu wird der Tank erweitert mit Falt-Tank und/oder IBC-Behälter und einer Tragkraftspritze auf der Pritsche. Das Tankvolumen kann dabei variabel von 2000 - 5300 l gestaltet werden. In der Kabine wird auf einem der Mittelsitze eine Selbstschutzausrüstung bestehend aus Atemluftflasche(n) und Halbmasken mit Druckregler und Lungenautomat für die 4 Mann (bei Waldbrandfahrzeugen üblich) Besatzung in einer eigenen Tasche durch die Gurte gesichert mitgeführt.
Die Kabine wird von außen geschützt mit einem Astschutz der gleichzeitig die Aufnahme für die Sondersignalanlage (Blitzer nach vorne und seitlich), die Umfeldbeleuchtung und die Eigenschutzdüsen, die über E-Pumpe aus dem Tank gespeist werden, aufnimmt. Zudem ist dieser Schutzbügel auf der Kabine so ausgelegt, dass er als Gepäckträger für Kisten, Reserverad und Ähnliches, z. B. für lange Anmarschwege verwendet werden kann ohne Platz auf der Pritsche zu blockieren.
Eine Vorbauwinde als optionales Zubehör kann zur Selbst- oder Fremdbergung bzw. zum Beseitigen von Hindernissen (z. B. umgefallene Bäume über dem Weg) verwendet werden. Diese Methode hat sich bei französischen Waldbrandfahrzeugen sehr bewährt.
Die Anbauräume, der Heckaushub, die hydraulische Antriebstechnik und die mechanischen Zapfwellen des Unimog erlaubt es, z. B. eine leistungsfähige Bodenfräse am Heck zu montieren zum Erstellen von Wundstreifen.
Wasserversorgung über lange Wegstrecken
Methode 1:
Zur Wasserversorgung über lange Wegstrecken können Schläuche über Kassetten oder Boxen auf der Pritsche gelagert werden. Das Verlegen der Schläuche erfolgt dabei wie bei Schlauchwagen während verhaltender Fahrt. Im Gegensatz zu der Lagerung der PFPN im Aufbau wie bei SW würde bei diesem Konzept die Aufnahme von zwei PFPN (Tragkraftspritzen) am Heckaushub des Unimog aufgenommen, die dann einfach hydraulisch abgesetzt und wieder aufgenommen werden können.
Methode 2:
Eine weitere Möglichkeit ergibt sich in Form eines Pendelverkehrs indem vom Fahrzeug ein offener Faltbehälter und eine PFPN abgesetzt werden und mit einem weiteren, geschlossenen Faltbehälter und dem fest installierten Tank im Pendelverkehr ca. 5000 l gefahren werden können. Der abgesetzte offene Faltbehälter und die PFPN dienen dann als „Verteiler- oder Umfüllstation“ an der Einsatzstelle. Aus dem Fahrzeug wird über ein großvolumiges Entleerungsventil der Faltbehälter gefüllt.
Hochwasserlagen
Zur Evakuierung aus überschwemmten Gebieten kann der Unimog immerhin bis 1,2 m Wassertiefe eingesetzt werden. Dazu können auf der Pritsche Notsitze installiert werden und über tragbare Leitern (z. B. Multifunktionsleiter als Einhängeleiter) könnten Personen auch von Dächern oder aus höheren Stockwerken aufgenommen werden, was aus Booten doch etwas schwieriger darstellbar ist.
Mit dem Sattelkran können Big Packs und Gitterboxen zum Sandsacktransport auf Deichen transportiert werden und wenn es die Fahrwege zulassen kann sogar mit Anhänger die Transportleistung erhöht werden und mittels Kran sowohl das Zugfahrzeug als auch den Anhänger abgeladen werden ohne Rangieren zu müssen.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit wäre mit Zapfwellen-Schmutzwasserpumpen (Leistung ca. 5000 l/min) jeweils vorne und hinten großvolumig Wasser zu pumpen. Das erforderliche Zubehör (Saug- und Druckschläuche, Armaturen) kann dabei auf der Pritsche mitgeführt werden.
Extremwetterlagen und Sturmschäden
Der Anbau von Schneepflug, Schneefräse, Räumschaufel oder einem Kehrbesen sind Serienaggregate, die in vielen Bau- und Gemeindehöfen vorgehalten werden. Sicher ist der Unimog mit langem Radstand da nicht für alle Aufgaben das ideale Fahrzeug. Aber als Ergänzung zu den sonst üblichen Einheiten sicher eine preiswerte und eine schnelle Ergänzung.
Die zunehmenden Sturmeinsätze erfordern den Einsatz von Arbeitsbühnen zur Ergänzung der Drehleitern um z. B. geschädigte Alleebäume oder Gerüste zu sichern. Das Konzept sieht daher vor, dass auf der Pritsche über Twist-Lock-Schnellverschlüsse eine kleine Arbeitsbühne aufgenommen werden kann bzw. mittels Arbeitskorb am Ladekran am Heck diese Funktion ermöglicht wird.
Aufgrund der Staffelbesatzung und ergänzt um Motorsägen, Räumgeräte und einer Vorbauwinde eignet sich das Fahrzeug ideal zur Beseitigung von Sturmschäden und wäre auch da noch einsetzbar, wo eine DLK nicht mehr anfahren kann.
Logistik im Gelände
Die grundsätzliche Anforderung ist wie bei einem GW-L2 nach Norm: 6 Stellplätze für Rollcontainer, Gitterboxen oder Paletten und mindestens 4,0 t Nutzlast. Der Unterschied zum GW-L2: die aufgenommenen Einheiten werden nicht mit einer Ladebordwand be- und entladen sondern können mittels des Sattel-Kran am Heck auch in unwegsamen Gelände und sogar in erhöhte oder tieferliegende Bereiche, wie z. B. einem Bahndamm, abgesetzt und wieder aufgenommen werden (was bekanntermaßen bei Ladebordwänden schnell an Grenzen stößt bzw. nicht möglich ist). Der Kran kann zusätzlich für „kleinere Bergearbeiten“ genutzt werden.
Technisch möglich wäre auch ein Frontlader oder Stapler zur logistischen Unterstützung bei großen Lagen an einer abseits gelegenen Einsatzstelle.
Der fest installierte Wassertank hinter der Kabine und die kleine Elektropumpe (unterhalb des Tanks) mit Umstellhahn von Selbstschutz auf Anschluss für einen D-Schlauch kann zur Grob-Reinigen und Dekontamination an Einsatzstellen verwendet werden.
Mit auf der Pritsche verzurrten Paletten-Behältern zur Kraftstoffversorgung und Transportgestellen mit Einheitskanistern wäre eine Versorgung von Pumpen- und Strom-Aggregaten abseits der Straße möglich, die bei Extremwetterlagen mit Standardfahrzeugen nicht mehr erreichbar wären.
Crisis Prevention 1/2018
Thomas Zawadke
Mitglied des Vorstandes
Forschung und Entwicklung/research and development
@fire Internationaler Katastrophenschutz
Deutschland e. V. International Disaster Response
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