Im Oktober 2021 drängelten sich rund 1.500 Probandinnen und Probanden vier Tage lang in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf auf engstem Raum in einer nachgestellten Bahnhofskulisse. Sie alle waren Teil eines groß angelegten Fußgängerexperiments im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „CroMa – Crowd-Management in Verkehrsinfrastrukturen“.
Die Experimente haben einen wichtigen Hintergrund, denn durch stetig wachsende Fahrgastzahlen kommt es in den städtischen Ballungsräumen zu Stoßzeiten oder nach Großveranstaltungen immer häufiger zu dichtem Gedränge auf den Bahnsteigen und in den Zügen. Aus den Erkenntnissen der Fußgängerexperimente sollen daher neue Konzepte zur Steigerung der Sicherheit in überfüllten Bahnhöfen entwickelt werden.
Dafür haben die CroMa-Projektpartner in der Veranstaltungshalle unterschiedliche Kulissen aufgebaut, mit denen drei verschiedene Situationen nachgestellt wurden, die alltägliche Situationen im öffentlichen Nahverkehr oder bei Großveranstaltungen abbilden. Dementsprechend warteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – an allen Versuchstagen unter Einhaltung eines strengen Hygiene- und Sicherheitskonzepts – dicht gedrängt an einem nachgebauten Bahnsteig auf den Zug, stiegen in überfüllte Bahnattrappen ein und wieder aus und zwängten sich durch Sicherheitsabsperrungen wie sie bei Fußballspielen oder Konzerten verwendet werden.
Dabei zeichneten mehrere unter der Hallendecke montierte Kameras die Laufwege auf. Im eigens für die Experimente aufgebauten Leitstand wurde beobachtet, wie sich Menschen im Gedränge in unterschiedlichen Situationen verhalten und was passiert, wenn bestimmte Parameter verändert werden. Wie verteilen sich die Menschen nach kleinen baulichen Maßnahmen, wenn am zuvor freien Bahnsteig zum Beispiel plötzlich eine Werbewand steht? Wie verändern sich die Verhaltens- und Bewegungsmuster, wenn einige der Teilnehmenden den verdeckten Auftrag erhalten, rücksichtslos zu drängeln? Was passiert, wenn die Türen blockiert sind, beispielsweise durch sperriges Gepäck einer Reisegruppe? Zusätzlich wurden von einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Sensoren der Herzschlag und die Schweißbildung gemessen, um festzustellen, welche Situationen besonders stressig für sie waren.
Die Ergebnisse werden nun in den nächsten Monaten ausgewertet. Daraus können Maßnahmen abgeleitet werden, wie Bahnhöfe und Züge baulich optimiert werden können, um einen hohen Menschenandrang besser zu bewältigen.
Das Verbundprojekt wird vom BMBF im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ von August 2018 bis Juli 2022 mit rund 3,3 Millionen Euro gefördert. Projektpartner sind die Bergische Universität Wuppertal, die Ruhr-Universität Bochum, die D.LIVE GmbH & Co. KG aus Düsseldorf sowie das Forschungszentrum Jülich. Als Anwender sind neun weitere Projektpartner assoziiert in das CroMa-Projekt eingebunden, darunter die Bundespolizei, die Stadt Düsseldorf, mehrere große Verkehrsbetriebe des Nah- und Fernverkehrs sowie Firmen aus der Veranstaltungsbranche.
Crisis Prevention 4/2021
Weitere Informationen zum Projekt unter
www.croma-projekt.de