Im vierten Kurzinterview zur Corona-Krise berichtet Gerd Friedsam, Präsident des THW, was die Schwerpunkte für den Einsatz waren und wo zukünftige Möglichkeiten liegen.
- Name/Funktion
Gerd Friedsam, THW-Präsident - Welche konkreten Aufgaben hatten/haben Sie bisher während der Corona- Krise?
Als Präsident bin ich in dieser außergewöhnlichen Situation für das Wohlergehen von rund 80.000 ehrenamtlichen und rund 1.800 hauptamtlichen THW-Kräften verantwortlich.
Wir sind täglich mit bis zu 940 ehrenamtlichen und circa 200 hauptamtlichen Kräften im bundesweiten Einsatz. Dabei gibt es für uns drei Schwerpunkte. Erstens: Beraten wir mit bis zu 90 THW-Fachberater/innen Krisenstäbe in Bundesländern, Landkreisen und Kommunen. So bringen wir das THW bestmöglich zum Einsatz. Zweitens: Wir haben Teststellen aufgebaut und unterstützen so medizinische Einrichtungen. Den dritten Punkt möchte ich besonders hervorheben: die bundesweite Koordination und Verteilung von Schutzartikeln. Denn das THW ist für die Logistik von Schutzausstattung an die Bundesbehörden zuständig. Täglich transportieren wir beispielsweise Masken oder andere Schutzmaterialien und organisieren ihre Verteilung an regionalen und landesweiten Logistikstützpunkten. In diesem Aufgabenbereich ist das THW auch in einigen Bundesländern beteiligt. Im Auftrag des Freistaates Bayern haben wir die Zentrallogistik für Schutzgüter übernommen. - Wie war der Kontakt zu anderen Institutionen, mit denen Sie zusammengearbeitet haben?
Das THW ist im Bund und den Ländern ein verlässlicher Partner. Wir stehen seit Beginn der Corona-Pandemie in engem Austausch mit verschiedenen Akteur/innen und können insgesamt sagen, dass die Zusammenarbeit sehr gut läuft. Durch den Einsatz unserer Fachberater/innen in den Krisenstäben in Bundesländern, Landkreisen und Kommunen kann das THW passgenaue Einsatzoptionen anbieten. - Wie hat die Umsetzung Ihrer Aufgaben funktioniert? Was waren/sind dabei die größten Probleme?
Komplexe Einsatzlagen sind immer herausfordernd. Jetzt während Corona war es uns wichtig, die entscheidenden Fragen möglichst früh zu klären. Darunter fallen natürlich auch alle Fragen zum Dienstbetrieb in Haupt- und Ehrenamt. Die Pandemiepläne haben uns an dieser Stelle geholfen. Dennoch bleibt, in der kurzen Zeit und bei laufenden Einsätzen, viel zu tun. Ich bin stolz darauf, dass wir hier alle wesentlichen Herausforderungen innerhalb kürzester Zeit lösen und transparent kommunizieren konnten. - Haben Sie etwas Neues über Ihre Mitmenschen gelernt?
Ich habe festgestellt, wie gut und schnell sich Menschen in einer funktionierenden Gemeinschaft, die das THW eben ist, an eine Situation anpassen können. Wichtig ist es dabei, ehrlich zu kommunizieren und sich gegenseitig Halt zu geben. In Krisen wie der Corona-Pandemie zeigt sich für mich zudem, dass die Menschen im THW füreinander da sind und füreinander einstehen. Das ist eigentlich nichts Neues für mich. Trotz meiner weit mehr als 30 Jahre beim THW berührt mich das aber immer wieder. - Welche Konsequenzen ziehen Sie persönlich für Ihre künftige Arbeit?
Dass der persönliche Kontakt, vor allem in einer ehrenamtlich geprägten Organisation, in vielen Fällen unabdingbar ist. - Was hat Ihnen bis jetzt am meisten gefehlt in der Corona-Zeit?
Ich beobachte, wie sich wegen der erforderlichen Kontaktbeschränkungen der persönliche Umgang miteinander verändert. Der persönliche Austausch ist aber ein Kernelement unseres THW. Wir arbeiten deswegen daran, hier Alternativen anzubieten. - Gibt es etwas, worauf Sie stolz sind?
Natürlich! Ich bin stolz auf das, was unsere THW-Kräfte während der Corona-Pandemie jeden Tag leisten. Sowohl Ehrenamtliche, als auch Hauptamtliche und Bundesfreiwilligendienstleistende – und das trotz der Belastungen im beruflichen und familiären Bereich. - Was muss sich ändern, wenn die unmittelbare Gefahr durch Corona vorbei ist?
Die Resilienzfähigkeit unserer Gesellschaft wird sicherlich genauer betrachtet und thematisiert werden. Außerdem zeigen sich aktuell überall viele Menschen miteinander solidarisch, das sollten wir beibehalten. - Welche Chancen für die Zukunft könnten in dieser Krise liegen?
Es zeigt sich, dass die vor einigen Jahren eingeleitete Neuausrichtung des THW, unter anderem hin auf mehr logistische Aufgaben, richtig und wichtig war. Hier werden wir weitere Schwerpunkte setzen. Die Pandemie hat uns noch einmal deutlich gemacht, welche Möglichkeiten und Chancen die Digitalisierung bietet. Zum Beispiel haben wir das Angebot an E-Learning-Kursen, Webinaren und Online-Modulen für unsere Ehrenamtlichen kurzfristig ausgebaut. Diesen Bereich wollen wir definitiv weiter stärken.
Crisis Prevention-Fragebogen zur Corona-Krise
Crisis Prevention 2/2020
Gerd Friedsam
THW-Präsident